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Der Herrlichste von allen, echt wahr?

THEATER IM KUNSTQUARTIER / FRAUENLIEBE

11/11/14 Gymnasiallehrer sind entschieden besser dran als Gesangsstudentinnen. Sie können Adalbert von Chamisso, einen der literarischen Hausgötter des Biedermeier, als Zweit- oder gar Dritt-Klassiker heutzutage getrost unter den Tisch fallen lassen.

Von Reinhard Kriechbaum

Wer sich aber als Liedsängerin profiliert, für diejenige führt einfach kein Weg vorbei an dem Zyklus „Frauenliebe und Leben“, den Schumann als Komponist geadelt hat. Dann muss man sich als heutige Frau herumschlagen mit Formulierungen wie „Hin geben mich selber und finden … verklärt mich in seinem Glanz“. Oder gar „Darfst mich, niedre Magd, nicht kennen, Hoher Stern der Herrlichkeit“! Da verkrampft es frau das gender-bewusste Herzelein, und das ist bekanntlich gar nicht gut für die Stimme.

Höchste Zeit also, das Schumann/Chamisso’sche Frauenbild heutig zu konterkarieren. Der Liedzyklus hat eine praktikable Kürze, um neue Kompositionen hinein zu schneiden, mit einem Querfeldein von An-, Gegen- und Nachklängen, die der biedersinnigen Anbetung des Mannes so zeitgeistig wie notwendig widersprechen. Oder auch nicht. Daniela Achermann lässt ihn, „den Herrlichsten von allen“, verehren, indem die gute Frau die Schönheitspflege verstärkt und ihren Körper ertüchtigt („polastige Kniebeugen“). Freilich: „Die Muskeln kommen, der Verstand geht“, und dann wieder echt Chamisso, „seit ich ihn gesehen, glaub ich blind zu sein“.

Man kann den Göttergatten mit femininem Körpereinsatz aber auch in die Enge treiben (Stefanie Erni, „Frauenleben und –hass“, mit einer extrem modern anmutenden Textanleihe bei Kafka). Und eine andere treibt sich mit einem G’spusi herum und bringt den ungeliebten Gatten ins Jenseits (eine köstlich opernparodistische, hoch emotionale Vokal-Menage-a-trois von Valentin Oberson).

Vielfältig anregende Fünfviertelstunden also rund um Schumanns Liederzyklus am Montag (10.11.) im Theater im KunstQuartier der Universität Mozarteum. „Frauenliebe“ ist eine Koproduktion mehrerer Musikhochschulen. Von Kompositionsstudenten und -innen natürlich! – aus Köln, Luzern und Salzburg kamen die durchwegs pointierten neuen Stücke (hierorts studieren Alexander Bauer, Yen-Ning Chiu und Paul Willot-Förster).

Schließlich war noch eine Puppenspiel-Delegation vom Figurentheater-Lehrgang der Musikhochschule Stuttgart am Werk: Die devote „Sie“ und der eigentümlich ungreifbar bleibende, selbstherrlichste „Er“ bekamen so zumindest Gesichtsmaske, Hände und Schuhwerk. Nett, wie eine der Puppet-Show würdige Oldie-Gesellschaft sich über den Kinderwagen hermacht, den die Sängerin mit dem Lied „An meinem Herzen, an meiner Brust“ herein geschoben hat. Dann geht es freilich rasch an die Bahre des Göttergatten: „Du schläfst, du harter, unbarmherz’ger Mann, den Todesschlaf“. Da kommt ein schwarzer Mantel übers pinkfarbene Outfit der Schumann-Sängerin.

Maria Hägele (Sopran) und ihr Klavierbegleiter Paul Willot-Förster haben dem Liedzyklus trotz szenischem und neu-tönendem Umfeld ein hohes Maß an Konzentriertheit gesichert, was auch für die konzeptive Fassung des Ganzen sprach. Bemerkenswert auch der irgendwie selbstverständlich wirkende Einsatz der Sängerinnen und Sänger für die Neuen Töne (vor allem in den Vokalisen von Alexander L. Bauer). Alles in allem eine runde, inspirierende Sache. Fast ein Luxus, diesen Abend nur einmal anzusetzen.

Bilder: Universität Mozarteum / Oliver Roeckle

 

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