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Spät, aber doch

CHRISTUSKIRCHE / BELCANTOCHOR

20/05/14 Zwei reichlich verspäteten Salzburg-Premieren: Marianna Martines' Klavierkonzert und Fanny Hensels Oratorium nach Bildern der Bibel. Ein Festkonzert zum 25jährigen Bestehen des von Gertraud Steinkogler-Wurzinger gegründeten Belcantochors in der Christunskirche.

Von Horst Reischenböck

Heute bedarf es einer Reihe „Gender Studies“ an der Universität Mozarteum. Zu Zeiten Mozarts waren in Wien Komponistinnen wie seine Schülerinnen Josepha Auernhammer oder Maria Theresia Paradis durchaus anerkannt, und mit der 12 Jahre älteren Italienerin spanischer Abstammung Marianna Martinez (!) spielte er vierhändig. Haydns Einfluss spiegelt sich vor allem im pianistisch quirligen Kopfsatz ihres einzigen Klavierkonzerts in A-Dur. Judith Valerie Engel, Studentin bei Pavel Gililov, ließ es virtuos funkeln und sang gleichsam die vom Flötenduo eingeleitet zentrale Gesangsszene am Stutzflügel aus. Die begleitende Klangfolie, sparsamst mit lediglich acht Streichern plus sporadisch hinzutretendem Hornpaar besetzt, wirkte freilich etwas mager.

Duplizität der Fälle: ausgerechnet zur selben Stunde widmete sich der Zyklus „Frauenstimmen“ im Domchorsaal ebenfalls Werken von Martinez, Paradis und Clara Schumann, der übrigens kaum je ihr Mädchenname Wieck hinzugefügt wird. Warum geschieht dies dann stets bei Felix Mendelssohns vier Jahre älterer, mit dem Maler Wilhelm Hensel verheirateten Schwester Fanny – womöglich um nun ihre Werke besser verkaufen zu können? Trat sie doch zeitlebens nicht aus dem Schatten ihres Bruders, ganz so, wie ihr's der Vater nahe gelegt hatte: „Die Musik wird … für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbaß Deines Seins und Tuns werden … Beharre in dieser Gesinnung und diesem Betragen, sie sind weiblich, und nur das Weibliche ziert die Frauen ...“! Dennoch ließ Fanny ihre Begabung nicht unterdrücken und hinterließ an die vierhundert Kompositionen.

Mit dem Oratorium nach Bildern der Bibel (das Mendelssohn-Archiv in Berlin verzeichnet es als „auf Worte aus der Bibel“) nahm sie in gewisser Weise ihren Bruder vorweg bzw. beeinflusste ihn sogar in seinen späteren großen Chorwerken. Die Cholera-Epidemie 1831 bewegte Fanny zu diesem gleichsam ersten „Deutschen Requiem“, das nicht zuletzt dem achtstimmig besetzten Chor dominierende Aufgaben anvertraut. Gelegenheit für den Belcantochor Salzburg, seine Qualitäten zu demonstrieren: etwa mit dem Piano-Einsatz ihrer Damen im berührenden Trauerchor, der in gewisser Weise Johannes Brahms vorwegnimmt. In den Männerstimmen wurde das Ensemble durch den Kirchenchor Ebensee verstärkt.

Im Vokalquartett beeindruckten vor allem der glockenhelle Sopran von Maria Hegele und die Altistin Rosa Steiner. Bernd Lambauers Evangelisten-Tenor überzeugte in seiner durchaus nicht geringe Anforderungen stellenden Arie. Des Bassisten Felix Spitzers erste Gottesworte wurden vorerst vom Orchester eher zugedeckt und so konnte er sich erst danach im Ensemble ebenbürtig entfalten.

Gertraud Steinkogler-Wurzinger, die das Werk dirigierte, hat die vom Text her innewohnende Dramatik des Werks eher hintangestellt und diesen Eindruck durch die allzu großen Pausen zwischen den einzelnen Abschnitten noch verstärkt.

Fanny Hensels Oratorium ist nochmals, am 23. Mai, in der Pfarrkirche Ebensee zu hören. Am 29. Mai wird der Belcantochor in der Stiftskirche Reichersberg die Quarta Messa von Marianna Martines singen.
Zum Bericht Ein Oratorium als „Choleramusik“

 

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