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Pianistische Spiegelbilder

SOLITÄR / HERBERT SCHUCH

20/05/14 Es sind Festtage der Klavierkunst, wenn Herbert Schuch im Solitär einen seiner Abende im Schubert-Janáček-Zyklus gibt. Am 15. Mai vollendete der charismatische junge Pianist die erste Hälfte, auf das nächste Konzert im Oktober darf man sich schon jetzt freuen.

Von Paul Kornbeck

Am Beginn stand die a-Moll-Sonate des 17jährigen Franz Schubert, ein Stück, das noch den Vorbildern Mozart, Haydn und vor allem Beethoven folgt, aber schon Unverwechselbares, Eigenes genug bietet. Herbert Schuch spielt keinen weich gezeichneten Schubert, er legt die trotzigen Schroffheiten des Werks bloß, vernachlässigt aber nie die lyrischen Inhalte. Die „Wandererfantasie“ schien in dieser expressiven Interpretation zum Greifen nahe zu sein.

Ein besonderes Wunder dieses Zyklus ist die Verbindung mit dem oft unterschätzten, weil nicht wirklich virtuosen Klavierwerk des Leoš Janáček.

Der mährische Meister war in der Tat ein Seelenverwandter Schuberts, ein Forscher in den Abgründen der menschlichen Seele und in den Tiefen des Klangs. Auch die Eltern Schuberts stammten wie ein großer Teil der Wiener aus Mähren. Der volksmusikalische Humus, aus dem beide Komponisten schöpften, war wohl gar nicht so unterschiedlich. Schuch spielte Stücke aus Janáčeks Zyklus „Auf verwachsenem Pfade“ und drei der Schubert’schen Moment Musicaux abwechselnd, ohne mehr als kurze Atempausen zu machen. Die aus tiefster slawischer Seele gespeisten melodischen Verzauberungen der „Friedecker Muttergottes“ eröffneten eine faszinierende, vielschichtige, berührende Reise in das Innerste großer Musik. Irgendwann wusste man oft nicht mehr genau, ob man sich gerade am Beginn eines Janáček- oder noch am Ende eines Schubert-Stücks befand. Ein Jahrhundert Musikgeschichte floss ins Zeitlose.

Nach der Pause stand die kapitale D-Dur-Sonate D 850 auf dem Programm. Ein Werk, in dem sich zwar die Eindrücke der Reise nach Salzburg und Gastein des Sommers 1825 spiegeln, das aber keinen Takt lang eine fröhliche Landpartie, sondern eine wahre Himmel- und Höllenfahrt ist. Nach der Heiterkeit des ersten Satzes mit seinen Jodler-Anverwandlungen, aus dem idyllischen Beginn des zweiten bricht eine jener unendlichen, unendlich schwermütigen, zwischen Leid und Lust schwebenden Schubert-Melodien hervor, die ihresgleichen nicht haben. Herbert Schuch brachte das Kunststück zuwege, mit technischer Brillanz und souveräner Akzentuierung die stets verblüffende, ja verstörende Radikalität dieses Balanceakts zwischen erfüllter Form und innerer Sprengkraft offen zu legen. Der Wechsel zwischen feinsten Lyrismen und donnernden Energien packten bis zum dämmernd verklingenden Schluss der Sonate.

Der Jubel wurde mit einer passenden Zugabe belohnt, mit Maurice Ravels „Le Vallée des cloches“, dem „Tal der Glocken“ aus den „Miroirs“ – auch dies ein Spiegelbild von Mensch und Natur.

Am 9. Oktober geht es weiter in Herbert Schuchs Schubert/ Janáček-Zyklus im Mozarteum – www.moz.ac.at
Bild: www.herbertschuch.com

 

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