Die P.T. Damen erscheinen ohne Hut
STIFTUNG MOZARTEUM / SAISON 2014/15
14/05/14 Kammermusik ist kein alter Hut, wenn das Angebot stimmt. Verlorenes Terrain für diesen Musikbereich zurückzuerobern – dafür zieht die Stiftung Mozarteum seit Jahren mit Beharrlichkeit ins Feld. Und es funktioniert. Mit mehr Kammerkonzerten denn je geht man in der kommenden Saison in den Großen Saal.
Von Reinhard Kriechbaum
Die nette Aufforderung, die diesem Text als Titel vorangestellt ist, findet sich auf einem historischen Plakat vom Herbst 1914. Das Konzert, das damals, zur Eröffnung des Mozarteums, gegeben wurde, wird man am 27. September quasi rekonstruieren. Die Sache mit den Damenhüten, resp. dem Verzicht darauf, wird sich leichter umsetzen lassen als damals. 1914 sangen Lilli Lehmann, Anna Bahr-Mildenburg und Richard Mayr. Die heute adäquate Sängerebene wären in etwa Netrebko und Garanca. Die stellt man nicht ganz ein, aber immerhin: ein Konzert mit Aura steht da ins Haus.
Künstlerisch sicherlich ergiebiger sind die diversen Kammerkonzertzyklen, in denen man eine Reihe von geschlossenen Werkreihen erleben wird können: Da ist einmal ganz viel Schumann als programmatischer Schwerpunkt, mit allen drei Klaviertrios, allen Streichqartetten und so manchem Ding, das im Konzertleben derzeit eher auf der Strecke bleibt. Steven Isserlis lässt an zwei Abenden alle Cellosonaten von Beethoven hören (Hammerklavier: Robert Levin), es sind deren fünf. Leonidas Kavakos und Yuja Wang spielen die drei Violinsonaten von Brahms. Simon Keenlyside (Bariton) singt, begleitet von Wmanuelk Ax, Schuberts „Winterreise“. Auch solch minimalinvasive Liederabend-Offerte stehen der Stiftung gut an. Das Genre ist seit Jahrzehnten beinahe eine Blindstelle im Salzburger Konzertleben das Jahr über.
Christian Teztlaff mit seinem Quartett, Lockenhaus-Chef Nicolas Altstaedt mit einem Musiker-Team dem diesmal auch Benjamin Schmid angehört, Isabell Faust und Joshua Bell (Violine), Sebastian Bäverstam und Adrian Brendel (Violoncello) – ein paar Namen nur aus den Reihen im großen Saal des Mozarteums und dem Wiener Saal (wo auch wieder das Stadler Quartett, das Mozarteum Quartett und das Hyperion Ensemble drasnkommen). Ein Shooting Star ist Claire Huangci, eine amerikanische Pianistin mit chinesischen Wurzeln. Dennis James, Orgel-Wunderwuzzi in Sachen Stummfilm-Musiken, ist zwei Mal da: „Zorro“ und „The Lost World“, also einmal Mantel-undDegen-Charme und einmal ein Ur-Jurassic Parc… Und weil wir schon bei der Orgel sind: Ca,eron Carpenter, der Pop-Star unter den Meistern dieses Instruments, wird mit einem Bach-Programm da sein.
Franui, die osttiroler „Musicbanda“, hat einmal Schumann-Verschnitte vor und in einem weiteren Konzert – mit Orgel – „Tanzbodenstücke mit Wortansagen“. Das wird im Rahmen der „Dialoge“ rund um Mozarts Geburtstag sein.
Wie immer stellt die Stiftung Mozarteum die Kartenverkaufs-Infrastruktur für die vom Mozarteumorchester an sechs Donnerstagabenden im Großen Saal und für die vier Sonntag-Matineen im Großen Festspielhaus zur Verfügung. Trevor Pinnock, Michael Schoenwandt und Jamie Philips sind die Pult-Gäste in den Donnerstag-Konzerten, in den Matineen Constantinos Carydis und Thierry Fischer. Fünf Termine leitet Ivor Bolton. Ein origineller programmpunkt: die Rekonstruktion einer „Zehnten“ von Beethoven, die vermutlich in Es-Dur gestanden wäre.
Die Camerata Salzburg ist natürlich auch wieder mit von der Partie mit ihren Zyklen am Freitagabend und Sonntagvormittag: zwei Mal unter ihrem Chefdirigenten Louis Langrée, einmal unter dem soeben achtzig gewordenen Sir Roger Norrington (er lässt sein Programm ums Geburtsjahr 1934 kreisen), und unter Yuri Bashmet, der zugl,eich Bratschensolist ist.
Rechnen sich die Bemühungen der Stiftung erstens um die Kammermusik und zweitens um junges Publikum? „Wir hatten zuletzt immer zwanzig, dreißig Studenten im Konzert“, berichtet Konzertchef Matthias Schulz. Langer Atem ist also wohl notwendig. Im zweiten Jahrt ist man mit der Konzert-Flatrate für Leute unter 26 Jahren, die für pauschel 50 Euro alle Konzerte im Großen Saal, inklusive dem Dialoge-Festival besuchen dürften.