Im starken Sog einer Pianistin
STIFTUNG / KAMMERKONZERT
28/03/14 Unter dem Titel „Jerusalem“ erwartete am Donnerstag (27.3.) die Zuhörenden im Großen Saal des Mozarteums ein eher wild zusammengewürfeltes, aber nicht minder spannendes Kammermusik-Programm.
Von Christiane Keckeis
Ein bisschen Beethoven, ein wenig Tschaikowsky, auch ein Stück Bartók, dann Eissler und last not least Schubert… Es musizierte die fantastische Elena Bashkirova, Pianistin und Begründerin des Jerusalem International Chamber Music Festivals, um sie herum der Geiger Michael Barenboim, der Cellist Andreas Brantelid und die Eindruck hinterlassende Klarinettistin Shirley Brill.
„Con brio“ begannen Klavier, Klarinette und Cello mit Beethovens Gassenhauertrio, keine Phrase dem Zufall überlassend, mit Feinheit und Spielfreude, lebendigen Dialogen – eine Wonne zum Zuhören. Shirley Brill gestaltet mit variationsreichem Ton, von runder Wärme bis zu eckigem Auflehnen, und mit ansteckendem Engagement und Wachheit. Dass der Cellist, ansonsten eher fein und leicht unterwegs, bei schönen Melodiebögen gern ein bisschen undifferenziert tief in die Vibratokiste greift und damit nur knapp am Kitsch vorbeischrammt, anstatt in die Tiefe zu gelangen, zeigt sich im Laufe des Programms immer wieder, den Beginn macht das Adagio-Thema Beethovens.
Die heimliche Regisseurin des Farbenspiels, in dem von leichtem Necken über unendliche Ruhe bis hin zu tiefen Schatten alles ganz diffizil zu erspüren ist, ist allerdings Elena Bashkirova am Klavier, eine Meisterin der Differenzierung und der Empfindung. Kopf, Gefühl und Technik spielen in einer Weise zusammen, die leicht, unangestrengt und natürlich wirkt und ganz der Musik unterstellt ist, so dass man sich dem Sog ihres Spiels kaum entziehen kann. Solistisch macht sie das in fünf kleinen erzählenden Piecen aus Tschaikowskys Zyklus „Die Jahreszeiten“ spürbar: Sie erzählt Geschichten, mit lebendig wechselndem Erzählton, schöpft alle dynamischen Möglichkeiten bis ins reduzierteste Pianissimo aus, ohne dass es jemals gewollt oder aufgesetzt wirkt.
Bartóks Werk „Kontraste“ für Violine, Klarinette und Klavier, ursprünglich geschrieben für Josef Szigeti und die Jazzlegende Benny Goodman , lebt ebenso von Stimmungen, vom Rhythmus wie auch von den Klangfarben der drei Instrumente. Mit dem musikalischen Verständnis und Spannungsfeld zwischen den starken Gestalterinnen Bashkirova und Brill entwickelt sich ein intensives Miteinander, in dem Michael Barenboim eher mitschwimmt als eigene Akzente setzt, was aber die Wirkkraft des Trios kaum reduziert.
Ein bisschen brav und angepasst wirken dagegen die beiden Herren in Eisslers Duo für Violine und Violoncello, sehr kultiviert und hübsch das tänzelnde Menuett – dann kommt es in der Pause zwischen den beiden Sätzen zu einem unvorhergesehenen Noten-nicht-Finden – und als ob das ein wenig befreiend gewirkt hätte: Das Allegro vivace beginnt freier, lebendiger, ein bisschen wagemutiger, leider hält die aufgelockerte Stimmung nicht bis zum Ende. Da landen Violine und Cello zunehmend wieder im Wohlklang und die Emotion steckt nicht mehr an.
Mit dem Hinzukommen von Elena Bashkirova in Schuberts B-Dur-Trio wird die Gefahr, mit rein schönem Spiel eher an der Oberfläche zu bleiben, wieder geringer, ihre Persönlichkeit zieht die beiden jungen Männer spürbar mit. Dennoch: Wenn das Andante-Thema des Cellos zu einem schön zu spielenden Melodiebogen gerät, ohne großen Anspruch auf Inhalt, ist das schade. Phrasenweise gelingt es den drei Musizierenden gemeinsam, Geheimnis und Facetten auszudrücken, die beiden letzten Sätze übertragen sich spritzig und überzeugend, auch leidenschaftlich. Begeisterter Applaus.