Schwer überzuckert
WIENER SAAL / WIENER BRAHMS TRIO
27/02/14 Wenn man das Curriculum des Wiener Brahms Trios studiert, mag man es kaum glauben: aber vielleicht haben Boris Kuschnir (Violine), Orfeo Mandozzi (Violoncello) und Jasmina Stancul (Klavier) am Dienstag (25.2.) im Wiener Saal einfach einen schlechten Tag gehabt.
Von Christiane Keckeis
Am Beginn stand Mozarts Trio in E-Dur KV 542, schon sehr inspiriert von den folgenden romantischen Werken. Schön, kantenlos, undifferenziert, mit weitgehend gleichförmigen Legatophrasen, viel am Ton, ein bisschen manieriert hier, ein bisschen langweilig da, viel Pedal im Klavier, großes Vibrato am Cello, wenig Farben und Bogenvariation in der Geige, die sich überhaupt erst einmal einspielen musste: über Strecken ein netter oberflächlicher Klingklang, bequem jedenfalls zum Zuhören. Mozart? Ja, die Noten eh.
Für Ernest Chaussons Trio g-moll op. 3 war der Stil dann schon passender: Chausson schreibt eine Musik voller Stimmungen, großer Gefühle, die er gern einmal konterkariert, immer wieder dramatisch, mit effektvollen Wechseln, dann wieder weich und lyrisch: eine Freude für gestaltungswillige Musiker. Den Gestaltungswillen kann man auch dem Wiener Brahms Trio nicht absprechen, da ist eher zu viel als zu wenig, an Feinheit und Differenzierung könnte man allerdings noch arbeiten. Der Cellist verwechselt Emotion mit Dauervibrato, Tonentwicklung und Klanggebung wären durchaus sensibler und durchdachter vorstellbar. Der Geiger kann mit diesem emotionalen Stil, flirtet immer wieder mit der eigenen Brillanz, solange es nicht ins Piano geht, da reißen die Töne ab, werden brüchig, leider. Im Ganzen neigt die Interpretation zur Überzuckerung, Chaussons Musik – ohnehin schon sehr gefühlvoll – braucht keine zusätzlichen Sahnehäubchen.
Brahms Trio Nr. 2 C-Dur ist den Musizierenden hörbar vertraut, aber auch hier leider viele Hoppalas und Ungenauigkeiten (wie auch schon in den ersten beiden Werken): die in Violine und Cello in Oktaven geführte Melodie ist selten synchron, die beiden Musiker bewegen sich auf unterschiedlichem musikalischen Atem: Die Geige zieht zügigere Linien, das Cello tendiert zu Manieriertheiten. Einsätze sind nicht zusammen, ganze Phrasen klappern, hängen, besonders im letzten Satz. Die Intonation ist nicht klar am Klavier orientiert. Ärgerlich. Zumal gerade das Klavier den Streichern viel Raum lässt, durchsichtig bleibt, auch leicht sein kann, trotz Brahms eher wuchtiger Schreibweise. Abseits aller Mängel gelingt es dem Trio Brahms Farbenreichtum und die Schattierungen zwischen Lyrik, Schroffheit, Ernst und Spielerischem zu erfassen und zu vermitteln.
Dem Publikum gefiel es gleichwohl. Als Dessert gab es das Adagio von Beethovens „Gassenhauertrio“ mit unendlicher Süße sowie den bekannten Finalsatz aus Haydns Trio G- Dur alla ungarese, in dem die Musizierenden dann schließlich doch noch zu einem klassischen Stil fanden.