asdf
 

Triumph für das Tutti seiner Schulgemeinschaft

ODEION / MUSISCHES GYMNASIUM

06/03/12 Das Musische Gymnasium präsentierte sich als Kaderschmiede junger Komponisten – beim Chorkonzert des Oberstufenchors am Freitag (2.3.) im Odeion.

Von Erhard Petzel

Der Besuch eines Konzerts des Musischen lohnt sich immer. Die Ensembles der Oberstufe bestechen durch gediegene Qualität, für die ihre engagierten Lehrer als kompetente Leiter verantwortlich zeichnen. So durchstreift diesmal Norbert Brandauer mit dem Oberstufenchor die musikalische Landschaft von Morley bis Spiritual. Auch der Mädchenchor brilliert durch gestandenes Chorrepertoire, gewürzt mit Anekdoten vom Engagement in Venedig, das sich im Programm spiegelt. Tod und Liebe als Triebkräfte der Kunst werden erfahren als sängerische Referenz am Grab Monteverdis und in der Funktion des Kupplers für Liebespaare in Gondeln. Das ist Schule, wie in den idealen Idyllen alter Filme, als die Welt noch in Ordnung anstatt standardisiert war.

"Piccanto", das Burschenensemble unter Thomas Huber, produziert das speziell Mannbare zwar auch im Volkstümlichen, bringt seine Fans aber mit Rammsteins Engel zum Rasen und wartet mit einem brandneuen Arrangement von "Brenna tuat's guat" aus der Feder des Chorleiters auf. Hubert von Achleitner gab den Segen dazu, konnte aber der herrlichen Umformung seines Fegers zum Chorsatz nicht beiwohnen.

Der zweite Teil des Abends ist dann der spektakulär denkwürdige. Nicht, dass am Musischen die Aufführung von Eigenkompositionen an sich etwas Außergewöhnliches darstellte: komponierende Kinder haben da inzwischen Tradition. Und Alexander Bauer hat auch nicht seinen Erstling produziert. Seine Musik hat in der Vergangenheit mit Orchester im Festspielhaus und mit Chor für einen Chorwettbewerb und ein Afrika-Projekt ihre Öffentlichkeit gefunden. Der Heranwachsende hat sich dabei in verschiedenen Stilen erprobt.

Mit der Uraufführung von „11311“ nimmt sich der Maturant die Katastrophe von Fukushima vor. Fünfzig Minuten greift er in den Fundus der neuen Musik, um sich in drei ästhetisch kohärenten Teilen an einer intellektuellen und emotionalen Herausforderung zu reiben. Er macht das sehr geschickt, steht souverän vor seinen Mitschülern und Lehrern und dirigiert Pianistin, zwei Schlagwerker, einen Laptopisten und den riesigen Chor umsichtig und sicher.

Eingespielte Texte zur Katastrophe aus den heutigen Medien, Elektronik als Part eines orchestralen Klanges, Konkretes im Zitat als Motiv, Naturgewalten in zwei Cassas, Gongs, Toms und Marimbas, beschlägelte Klaviertiefe und Chortechniken der Moderne schaffen breite Klangplateaus und Superlative an Forte-Orgien. Viel ist eingearbeitet, das die Befassung des jungen Geistes dokumentiert und sich - wie sehr oft in engagierten Werken - dem Hörer fallweise bis selten erschließt.

Die alte Frage, ob ein starker Stoff als kräftige Anregung der jungen Künstlerseele dient oder das Werk als Projektion von Erschütterung wahrgenommen wird. Nicht jeder wird innerlich bewegt worden sein. Bei jedem wird die Komposition aber starken Eindruck hinterlassen. Sie ist ausgewogen, arbeitet gezielt mit einem kalkuliert eingesetzten Katalog von Elementen und spart nicht an Orgiastischem. Bauer darf sich jedenfalls unseres Interesses sicher sein. - Er teilt den Triumph mit dem Tutti seiner Schulgemeinschaft. Seine Geste ist groß, aber kontrolliert und angemessen. Welche Freude! Welch eine Schule!

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014