Alte Bauchgefühle für die neue Medienkunst?
MEDIENFESTIVAL BASICS
07/03/12 Gleich heute, Mittwoch (7.3.), bei der Eröffnung des Medienfestival basics, kommen in der Galerie 5020 ganz unterschiedliche Kunstsparten zusammen. Diese Begegnung von Ungewöhnlichem zeichnet das seit 2004 biennal stattfindende Festival aus. Das Thema heuer: "autopilot:intuition"
Vier Salzburger Kulturinstitutionen machen gemeinsame Sache für „basics“: ARGEkultur, FH Salzburg/MultiMediaArt, Galerie 5020 und Subnet. Wie ist man auf das Thema „Intuition“ gekommen? In einem Gespräch mit Didi Neidhart erklärt Gianni Stiletto (FH Salzburg/MultiMediaArt), das Interesse an diesem Thema fuße „auf dem Wandel der Lebenskultur im Hinblick auf Effizienzsteigerung, Rationalisierung und Automation“. Eine Entwicklung also, die „sowohl Bedarf als auch Nährboden für Intuition“ zu schmälern scheine. Stiletto vergleicht mit dem „musikalischen Qualitätsverlust von CDs gegenüber Vinyl“ und ortet auch in der (Medien-)Kunst „eine höhere Gewichtung der Rationalität gegenüber der Sinnlichkeit“.
Intuition werde oft „als innere Erkenntnis oder Führung gedacht, leider oft im Gegensatz zur analytischen bzw. wissenschaftlichen“, ergänzt Cornelia Anhaus (ARGEkultur). „Tatsächlich gibt es aber keine rationalen Entscheidungen, die nicht auch intuitive Entscheidungen wären, weil sie auf unbewussten Denkprozessen fußen.“ Die technische Komponente dieses "Steuerungsmoduls" solle bei einem Medienkunstfestival wie basics auch nicht außer acht gelassen werden, meint Cornelia Arnhaus.
Auch Hildegard Fraueneder von der Galerie 5020 gehört zu den „Gründermüttern“ des basics-Festivals. Kreativität und Intuition hätten, historisch betrachtet, den Mythos des Künstlers mit geschrieben, „des Künstlers, der ausschließlich qua seiner inneren Fähigkeiten und äußeren Begabungen Großartiges schaffen kann, und dies vor allem unbeeinflusst von allen äußeren Gegebenheiten, wie den gesellschaftlichen Praxen und Diskursen.“ Hildegard Fraueneder gehört zu den besonders gender-bewussten Kulturwissenschafterinnen, und sie findet deshalb, dass Begriffe wie das vermeintlich "weiblich Intuitive", das "unbewusst richtige Fühlen" vor allem den bildenden Künstlerinnen in der Moderne zum Verhängnis geworden sei, dass Geschlechterdichotomie in Bezug auf die Kreativitätsvorstellungen festgeschrieben worden sei. „Deshalb setzte von Beginn an die feministische Kritik genau hier an und sie begann das Mythenbündel rund um den Künstler zu dekonstruieren.“
Vieles hat Platz bei „basics“ und der Sicht auf die Intuition. Etwa eine Produktion des multidisziplinären Performers Georg Hobmeier am 8. und 9. März in der ARGEkultur. Nicht nur der K0omponist Juan A. Romero „steuert“ den Tänzer, auch einzelne Zuschauer können „bis zu zehn Minuten die Kontrolle über die Elektroden und damit über teile des Künstlerkörpers übernehmen“, heißt es im Folder. Der Künstler im Gespräch mit Didi Neidhart: Die Erwartung, dass Technologie fehlerfrei funktionieren sollte, sei ein Fehler vergangener Jahrzehnte. „Verdanken tun wir das den Marketingabteilungen von Ford, Volkswagen, Apple und Hewlett&Packard. Was das Scheitern angeht: Ob's nun das Probieren mit der Triangel ist, das Aufsagen romantischer Gedichtlein oder das Erstellen gewaltiger Codekonstrukte in C++, es gelten nach wie vor Beckett's Worte ‚Fail. Fail again. Fail better‘.“
Auch social Media kommt zu seinem Recht. Was darf man sich unter einer „Twitter-Lesung“ (am 10.3.) erwarten? Cornelia Anhaus dazu: „Über Twitter lassen sich online kurze, intuitive Messages verbreiten. Wenn solche Tweets dann vorgetragen werden, ist das eine Twitterlesung." Also - so heißt es auf der ARGEkultur Website, "unter dem Druck der 140 Zeichen zu Diamanten gepresste Alltagskohle"? Hier sind es "141 Zeichen und damit eines zuviel für das Limit eines Tweet“, so Cornelia Anhaus.
Logisch, dass die Musik nicht zu kurz kommt, schon bei der heutigen Eröffnung in der Galerie 5020. „Es werden zwei Live-Auftritte stattfinden, bei denen in ganz unterschiedlicher Weise interagiert wird“, verrät Hildegard Fraueneder: „Während Billy Roisz mit analogen und digitalen Schnittstellen und Gerätschaften intuitiv Soundspuren verfolgen wird, tritt der Komponist und Schlagzeuger Rudi Fischerlehner mit dem Medienkünstler Rainer Kohlberger zum ersten Mal live auf, wobei sich beide jeweils gegenseitig in der Bild- und Klangerzeugung beeinflussen werden.“ Gianni Stiletto hat die Performance „Shorts Stories“ vorbereitet und will damit „audiovisuelle Anmutungen und Handlungsfragmente“ inszenieren, „die Assoziation stimulieren, aber eindeutige Aussagen vermeiden und intuitive Interpretation herausfordern“.
Cornelia Anhaus über den Abschlussabend mit Naked Lunch (Sonntag, 11.3., ARGEkultur): Da werde es sich stark um die emotionale Dimension des Begriffs gehen. Zentralmotiv im Kino sei auch die Liebe. „Abgesehen von der Dimension der künstlerischen Symbiose dieses Filmkonzerts, finde ich es spannend, wie diese Gitarrenmusik, die audiodigital in eine Leinwand gepackt wurde, nun ‚entpackt‘ wird und live gemeinsam mit dem Film ‚Universalove‘ zu sehen und zu hören ist.“ (MICA/dpk)