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Der Zauber der Bläser-Montur

GROSSES FESTSPIELHAUS / BLÄSERPHILHARMONIE

09/01/12 Im praktisch ausverkauften Großen Festspielhaus fand die Bläserphilharmonie Mozarteum Salzburg wieder einen geeigneten Klangraum. Die „musikalischen Schätze aus Russland und Wien“ kamen hier im bereits traditionell gewordenen Neujahrskonzert zu Dreikönig effektvoll zur Geltung.

Von Gottfried Franz Kasparek

Der stets beherzte Gründer und Dirigent des Kollektivs, Hansjörg Angerer, kann es im weiten Saal nahezu ungebremst knallen lassen, wenn die Märsche und Polkas explodieren, wenn das Blech silbern funkelt und das Holz bronzen dröhnt. Zwischendurch fand er zu leiseren Tönen, ganz besonders in den melancholisch unterfutterten Piecen des Josef Strauss, etwa in der kostbaren, an Schubert gemahnenden Polka Mazur „Aus der Ferne“, die zum stillen Höhepunkt des zweiten Teils wurde. Im symphonischen Vorspiel des „Donauweibchen-Walzers“ von Johann Strauss Sohn erfreuten feine Schattierungen, in der unverwüstlichen „Leichten Kavallerie“ Franz von Suppès der prachtvoll tönende Zauber der berittenen Montur. Dass vor allem die Wiener Schätze zum größten Teil von Geigern erdacht worden sind, können die Klarinetten freilich nicht immer ganz vergessen machen. Auch nicht, wenn mit Wenzel Fuchs der 1. Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker souverän als Konzertmeister agiert. Aber das liegt wohl in der Natur der Sache.

Die Bläserphilharmonie ist längst ein hochkarätiges Profiensemble geworden, in dem mehrheitlich jüngere, doch bereits führende Orchestermusiker an den ersten Pulten sitzen. Zum Beispiel der Hornist Zoltan Macsai und der Fagottist Riccardo Terzo, gute Bekannte aus dem Mozarteumorchester. Das notwendige Fundament und die einzigen Streicher des Orchesters, die Kontrabässe, werden vom Camerata-Mitglied Christian Junger angeführt. Was noch auffällt: die Tuben sind fest und bestens in weiblichen Händen und Mündern, dafür sitzt ein Herr an der Harfe. Die alten instrumentalen Geschlechterrollen haben wohl endgültig ausgedient.

Ein Sonderlob gebührt dem Pianisten Luca Toncian, der in der 2. Jazz-Suite von Schostakowitsch wahrlich fliegende Wechsel zur Celesta bewältigte. In der „Bauernpolka“ sangen nicht nur alle „Jungbäuerinnen und Jungbauern“ perfekt im Chor, sondern einer der Klarinettisten, Thomas Huber, der auch Gesang studiert, verblüffte mit einer virtuosen vokalen Soloeinlage. Und über allem Klangzauber thronte niemand Geringerer als Peter Sadlo an den Pauken, umgeben von ebenso erlesen schlagenden Schülern.

Zu den Wiener Schätzen kamen neben dem vielleicht letzten wirklich großen Komponisten, der die leidigen E-und U-Musik-Schubladen vergessen machen konnte – Schostakowitsch -  noch seine Landsleute Glinka, Mussorgski und Tschaikowski sowie im Finale ein Ausflug der sowjetischen Meister in den Süden, wenn Schostakowitsch in der „Stechfliegen“-Filmmusik ein italienisches Volksfest ausmalt und Aram Chatschaturjan eine „Witwe von Valencia“ tanzen lässt.

Das Finale, die archaische, kaukasische Urgewalt des „Säbeltanzes“, provozierte nicht nur eine donnernde und blitzende, sondern auch eine gleichsam marschierende Zugabe. Damit wäre der Reigen der Radetzkymärsche zum Jahreswechsel wieder einmal glücklich beendet.

 

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