Beflügelnd
SALZBURGER KAMMERMUSIK FESTIVAL
21/06/11 Das von Wolfgang Redik geleitete "Kammerorchester des Sándor Végh Instituts" krönte die seinem Namensgeber gewidmete Hommáge am Sonntag (19.6.) im Solitär zusammen mit den Solisten Andrei Gologan und Hans Gansch.
Von Horst Reischenböck
Schon der Einstieg begeisterte. Wolfgang Amadé Mozarts mittlere seiner sogenannten „Salzburger Sinfonien“, das 1772 möglicherweise ob der anstehenden Italienreise vorneweg komponierte D-Dur-Streicherdivertimento KV 125b (137), machte spontan Furore. Wolfgang Redik, der selbst einst noch unter Sándor Végh musizierte, ließ im eröffnenden Andante zarte Lyrismen aufblühen. Setzte zugleich bestimmende Akzente und beflügelte das finale Allegro einmal wirklich „assai“ - perfekt umgesetzt durch die im willig folgend jugendlichen Mitstreiter.
Ähnlich aufregend nach der Pause dann Joseph Haydns „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ Hob. III:50-56: in der Orchesterfassung der Quartettversion, so auf dem Live-Dokument von 1992 aus dem Wiener Konzerthaus mit Sandor Végh und der „Camerata“ (damals noch unter dem Namen „Academica des Salzburger Mozarteums Salzburg“ firmierend).
Durchaus fordernd war’s für die Ausführenden - dann aber doch ein mitunter hörbar ihre gestalterischen Grenzen ausreizender Kraftakt in der Befolgung von Véghs Vorstellung, ein Kammerorchester müsse klingen wie ein vergrößertes Streichquartett.
Redik gab durchwegs flüssigeren Tempi den Vorzug, was besonders bei den Pizzikati des Adagios auffiel. Das war gelegentlich beinah konträr zur angestrebten Meditation. Nicht einmal vor wirklich harsch gesetzten Effekten schreckte Redik zurück. Und das nicht nur im bewusst klangmalerisch aufstörenden Terremoto, das den verbliebenen Rest an Zuhörern nochmals zu lebhafter Zustimmung animierte.
Zuvor äußerte sich das Publikum begeistert über Dmitri Schostakowitschs Konzert für Klavier, Trompete und Streicher. Da gibt es durchaus eine gedankliche Querverbindung - immerhin darf der Trompetensolist - Hans Gansch - im c-Moll-Opus 35 neben „gedämpfter“ Melodik auch kurz strahlend Haydns D-Dur-Klaviersonate Hob. XVI:35 zitieren, ehe er die nachträglich einkomponierte Kadenz - über „Die Wut über die verlorene Kopeke“ - von Ludwig van Beethoven ins Treffen führt. Der absolute Höhepunkt des Abends. Nicht zuletzt, dank des mehrfach international ausgezeichneten Pianisten Andrei Gologan am Steinway. Er studiert derzeit am Mozarteum bei Pavel Gililov. Mitreißend die neo-klassizistisch beeinflussten, temperament geladenen Ecksätze. Voller Spielwitz beflügelte der Pianist die Streicherassistenz, stimmungsvoll und entrückt sann er dem verfremdeten Walzer inmitten nach.