Fastenzeit für die Romantik
JUNGE PHILHARMONIE
17/03/11 Mit einem ambitionierten Romantik-Programm wartete die Junge Philhamonie Salzburg unter der Leitung von Elisabeth Fuchs im vollbesetzten Großen Saal des Mozarteums auf (16.3.): Schuberts „Unvollendete“ und Bruckners "Vierte" erfreuten das Auditorium.
Von Christiane Keckeis
Fließend, unprätentiös, ohne falsches Pathos: schlank, in großen Bögen und langen Phrasen interpretierte die Junge Philharmonie Schuberts zweisätzige Symphonie. Die bekannten Themen des ersten Satzes schwingen mit heiterer Gelassenheit, im transparenten Dialog. Besonders fein geraten die dynamische Stufungen zwischen Pianissimo und Forte. Erfreulich zu hören. Und auch zu sehen, wie Lisi Fuchs mit lebendiger Gestik ihren Musikern Bilder vermittelt, und wie engagiert diese ihr folgen.
Schon in Schuberts Symphonie profilieren sich die hervorragenden Bläser. Besonders Klarinette und Flöte berühren mit sensiblen Soli. Kleine Schlampereien im Orchester, Unkonzentriertheiten, die sich beispielsweise in unnötigen Intonationsmängeln und gelegentlich inhomogenen Stimmgruppen äußern, sind etwas ärgerlich, weil nicht notwendig. Hört man an den wirklich heiklen Stellen doch, wie achtsam und sorgfältig die Musiker im Miteinander sein können.
Dann also Bruckner. Und die Skepsis, ob dieses Werk nicht doch eine Nummer zu groß ist, löst sich bei allem positivem Engagement und trotz schöner und gelungener Teile letztlich nicht auf. Lisi Fuchs verpasst dem schwelgend-pompösen Romantiker Bruckner kurzerhand fastenzeitgemäß eine Entschlackungskur und reagiert damit wohl angemessen auf die Beschränkungen durch Raum und Orchestermöglichkeiten.
Schöne Pianissimi, fein gestaltete Details, hörbare Dialoge, alles mit langem Atem schwingend: Da steckt viel Auseinandersetzung dahinter, viel Arbeit. Dennoch - wenn es um Steigerungen geht, lassen die Streicher aus. Es fehlen die Kraft, der Schmelz und die im Schwung aufgefangene Schärfe. Das Orchester erreicht kaum einmal die Schmerzgrenze der Intensität, die Balance ist oft unausgewogen. Gelegentlich verliert die Violinengruppe die Klarheit, Einsätze verwischen, Rhythmen kommen verwaschen. Fulminant sind dagegen die Bläser: präsent, präzis, differenziert und meist vorbildlich intonierend, die Solisten, allen voran das Horn. Sie gestalten mit sicherem Feingefühl und klangschön. Da stellen sich beglückende Momente ein. Lisi Fuchs trägt ihr Orchester mit äußerster Konzentration, ohne Partitur, mit Rundum-Blick und Gefühlskontakt durch die rund siebzig Minuten engagierten Musizierens.
Das Publikum dankt mit jubelndem Applaus. Nach der Zugabe „Locus iste“ spricht der spontane „Schön!“-Seufzer einer Zuhörerin wohl den meisten im Auditorium aus der Seele.