Schall und Rauch und Geistersang
DELIRIUM 2010
17/12/10 „Bewusstseinszustand, verbunden mit Erregung, Sinnestäuschungen und Wahnideen“ sagt das Lexikon zu „Delirium“. Die Lateinvokabel „de-lirare“ meint „aus der Furche geraten“. Genau das will Gustav Kuhn mit und bei seinem vorweihnachtlichen Konzertreigen, der heute Freitag (17.12.) im Großen Saal eröffnet wird.
Von Heidemarie Klabacher
Maestro Kuhn „deliriert“ (falls es das Wort gibt) selber schon einige Zeit - aus der Furche geraten und in Kontakt gekommen mit einem Komponist-Geist-Wesen namens Angelo di Montegral: Engel hört man da singen, der Gral, Sehnsuchtsbild seit dem Mittelalter, taucht auf, der Heilige Berg im Hintergrund. Vielleicht ist es aber auch ein Mönch aus dem „Convento dell' Angelo“ nördlich von Lucca in der Toskana…
Angelo di Montegral jedenfalls sei mit ihm auf mystische Weise verbunden, erklärt Gustav Kuhn. Man könne ihn sich als eine Art Schutzengel vorstellen. Aber eben nicht der Art, die ihn über rutschige Brücken geleitet (außer vielleicht im Kultbetrieb), sondern ihm von Zeit zu Zeit Musik "diktiere". Genaueres verrät Kuhn nicht. Das zweiteilige Werk jedenfalls heißt „Offertyrio“ und ist für Orgel, Klavier vierhändig, Großes Orchester und Rezitator. Chorakademie und Orchester der Tiroler Festspiele Erl geben mit dem Delirium ihr Debüt in Salzburg.
„Offertyrio“ besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil wird heute Freitag (17.12.) im Großen Saal uraufgeführt, gefolgt von Mozarts Klavierkonzert c-Moll KV 491 mit Peter Lang als Solisten, und der „Fünften“ Tschaikowsky. Am Samstag (18.12.) folgen auf den zweiten Teil von „Offertyrio“ Wagners Sigfried-Idyll und Tschaikowskys „Sechste.“ Der Offertyrio II verlangt einen Rezitator: „Musik, die zum Träumen verleitet, die vielleicht erst in einem Traum-ähnlichen Zustand ganz zu erfassen ist“, schreibt der junge Hugo von Hofmannsthal in seiner frühen Geschichte „Der Geiger vom Traunsee“. Diesen eher unbekannten Text wird niemand geringerer als Peter Simonischek am lesen.
Die Musicbanda „Franui“ ist - mit den Deutschen Volksliedern von Johannes Brahms - ebenfalls wieder dabei: „Es sind Lieder, die von Zuneigung und Abschiednehmen erzählen, von Liebestollheit, Verlust und abgrundtiefer Trauer, geschrieben für ein kollektives Nachleiden der großen Gefühle.“ Die so entstandenen Franui-Volkslieder verknüpft Sven-Eric Bechtolf, ab 2011 Schauspielchef der Salzburger Festspiele, mit dem posthum veröffentlichten ersten Roman Ödon von Horvaths: 36 Stunden ist eine Liebesgeschichte, die an einem Abend um sechs Uhr abends beginnt und am übernächsten Morgen um sechs Uhr früh zu Ende geht…
Für das Konzert heute, Freitag (17.12.), seien schon alle Karten vergeben, sagen die Veranstalter, und auch das Abschlusskonzert mit Beethovens "Neunter" sei schon ausverkauft.