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Bilder, zu Klang geworden

DIALOGE / ROTHKO CHAPEL / REQUIEM

06/12/10 „Rothko Chapel“, die Rothko Kapelle also, steht in Texas: Seit 1971 ist sie ein Ort der Begegnung und Kontemplation für Menschen aller Bekenntnisse und Religionen, errichtet als Oktogon nach den Vorstellungen des Malers Mark Rothko, der den Raum mit 14 teil monochromen Tafelbildern gestaltet hat. Morton Feldman das Konzept von Rothko Chapel Musik werden lassen.

Von Heidemarie Klabacher

altWarum bekommt man dieses ebenso klangsinnliche wie geradezu asketisch reduzierte Schlüsselwerk so selten zu hören? Trotz immer mehr einschlägiger Festivals und immer mehr zeitgenössischer Einsprengsel in klassischen Konzertprogrammen, stehen die Chöre, die das singen können nicht Schlange vor den Intendantenbüros.

Umso schöner, Morton Feldmans klingende Fresken einmal im Rahmen der Dialoge zu erleben: Engagiert war der Estonian Philharmonic Chamber Choir mit den Solistinnen Kala Urb und Marianne Pärna. Begleitet, ja „geleitet“, wurden die Vokalisten vom Bratschisten Predrag Katanic, der Percussionistin Rizumu Sugishita und der Pianisten Ariane Haering an der Celesta.

altEs ist ein einziges Schweben, Ineinander-Weben und Flirren von Klängen. Wenn die Viola im vierten und letzten Teil eine „quasi hebräische Melodie“ anstimmt, die der junge Feldman als Fünfzehnjähriger geschrieben hat, ist es, als zöge dieses zugleich singende und klagende Lied in Sphären des Trostes und der Erfüllung.

Dass das Ganz nicht in Esoterik-Kitsch und akustische Yogauntermalung der kommerziellen Sorte mündet, ist eines der vielen Wunder rundum „Rothko Chapel“. Die Chor-Vokalisen treten in Kontakt und Dialog mit den Instrumenten. Die Solistinnen, auch sie singen textlose Vokalisen, scheinen weniger menschliche Individuen zu repräsentieren, denn Vertreter der bereits Vollendeten.

altHatte man auch nicht die farbkräftigen, in sich ruhenden Tafeln Mark Rothkos um sich herum, sondern den Gold funkelnden Stuck und die Kristall glitzernden Lüster im Großen Saal, war diese Begegnung ein ebenso intellektuell anregendes wie schweben-machendes Erlebnis.

Auch wenn ein extrem rücksichtsloses Publikum mit Husten, Handygeklingel und Türenschlagen die Konzentration störte, war „Rothko Chapel“ heuer der Beitrag zum Gedenken an Mozarts Todestag. Das traditionelle Requiem stand im zweiten Teil des Abends an. Und es kam diesmal in der Fassung für Platzkonzert daher - was die Differenziertheit in der Lautstärke, der Phrasierung, des Klanges, ja - etwa im Recordare - sogar der Intonation betraf.

Christoph Poppen leitete die Camerata Salzburg, den Estonian Philharmonic Chamber Choir und das (untadelige) Solistenquartett Christiane Karg, Wiebke Lehmkuhl, Colin Balzer und Florian Boesch. Eine mehr kraftvolle, als beredte Wiedergabe, die nach dem wahrhaft fein-sinnig musizierten Feldman umso deftig-dürftiger klang.

Bilder: SMS


 

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