Romantischer Überflug
MOZARTEUMORCHESTER / SONNTAGSMATINEE
25/10/10 Mit ihrem Ausflug in romantische Gefilde haben das Mozarteumorchester und sein Chefdirigent Ivor Bolton es mitten im Frühwinter Frühling werden lassen. Bürgermeister Heinz Schaden verlieh nach dem Konzert Ivor Bolton das „Stadtsiegel in Silber“.
Von Heidemarie Klabacher
Die Sonntagsmatinee, mit der das Mozarteumorchester sich mit dem großen romantischen Repertoire seinem Salzburger Publikum präsentieren will, scheint sich herumzusprechen: Zumindest dem Augenschein nach war das Parterre des im Großen Festspielhaus voll besetzt, der Balkon immerhin da und dort „getupft“ mit Zuhörern.
Bürgermeister Schaden hat denn auch bei der Übergabe des Stadtsiegels an Chefdirigent Bolten betont, dass die Sonntagsmatineen für die nächsten Jahre gesichert seien. Wenn dieses künstlerische Niveau gehalten werden kann, ist der kostspielige Zyklus im Großen Festspielhaus auf jeden Fall ein Gewinn.
Diesmal also Bruch und Bruckner: Der britische Geiger Daniel Hope war der Solist im Violinkonzert g-Moll Nr. 1 von Max Bruch. Wie aus einem Morgennebel verdichtete sich der Klang zum Bild eines Fluges über ideale Landschaften: liebliche Weinberge rötlich im Herbst, verspielte Gärten im Sonnenuntergang, bewegte See und schäumende Wasser, Felsklippen auf denen ein Caspar David Friedrich’scher Wanderer (im Gehrock) in Beethoven’sche Weiten und Stifter’sche Einsamkeiten blickt… Allein das „Vorspiel“ zum wild-romantischsten aller Violinkonzerte war wie ein Gang durch eine Gemäldegalerie.
Daniel Hope spielt klar, brillant, kräftig, in einer ganz und gar un-virtuosischen Grundhaltung: In engstem Kontakt mit dem Orchester singt er mit den Hörnern, wirbt er um die Violinen, die sich denn auch prompt zu immer noch mehr Brillanz im piano verführen lassen. Das berühmte Adagio spannten Orchester und Solist mit ebenso weichem wie kraftvollem Sound in einen immer sich weiter öffnenden Raum. Richtig teufelsgeigerisch kam nach soviel Ruhe das Finale daher.
Als Zugabe spielte Daniel Hope seine Fassung eines dreistündigen Werks über ein Raga von Ravi Shankar, das er mit Erlaubnis des Komponisten auf eine drei Minuten-Caprice eingedampft hat: ein erstaunlich passender Übergang zur „Sechsten“ Bruckner, die Bolton machtvoll, aber transparent und damit ganz und gar unsentimental auf den Weg brachte.