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Ohne Sorgen durchs große Tor von Kiew

KULTURVEREINIGUNG / WIENER SYMPHONIKER / OROZCO-ESTRADA

20/01/22 Ein neuer Chefdirigent: Die Wiener Symphoniker präsentieren sie sich auf ihrer Bundesländertour unter ihrem neuen Leiter Andrés Orozco-Estrada. Der gebürtige Kolumbianer ist längst auch in Salzburg kein Unbekannter mehr. Im Großen Festspielhaus gab es einen erfreulichen und zugleich Mix aus Korngold, Haydn mit Mussorgsky.

Von Horst Reischenböck

Vier der sieben Märchenbilder op. 3 von Erich Wolfgang Korngold eröffneten am Mittwoch (19.1.) das Gastspiel im Großen Festspielhaus. Der Komponist, in seiner Heimat noch immer relativ wenig beachtet, hat die Stücke – weil vielleicht als Jugendsünde betrachtet – selber zurückgehalten. Uraufgeführt wurden sie deshalb erst vor 15 Jahren, natürlich auch nicht bei uns, sondern in Schottland unter der Leitung eines Schweizer Dirigenten.

Es ist an sich müßig, Titel wie Die verzauberte Prinzessin oder Rübezahl mit den Miniaturen in Verbindung zu bringen und nachvollziehbar tönende Illustrationen zu erwarten. Was sich der 13jährige Komponist vorgestellt haben mag unter Wichtelmännchen oder beim festlichen Walzer auf dem Ball beim Märchenkönig? Unvoreingenommenem Hören erweist sich jedenfalls schon in diesen Miniaturen das Können des dazumal von niemand Geringerem denn Richard Strauss bewunderten genialen Wunderkinds. Es sind Pretiosen, selbst wenn bei der Orchestrierung der gedanklich einfallsreichen Klavierstücke möglicherweise Korngolds Lehrer Alexander von Zemlinski beraten haben mag.  Eine willkommene Premiere, bestens geeignet auch zum Aufwärmen für‘s Orchester, das Orozco-Estradas Zeichengebung spürbar beflügelte.

Es folgte Joseph Haydns Sinfonia concertante B-Dur, die einst in London dem Auftraggeber Johann Peter Salomon Gelegenheit bot, geigerische Fähigkeiten zu präsentieren. Jetzt in Salzburg war war es der Konzertmeister Anton Sokorov, der sich mit dem Cellisten Christoph Stradner, dem Oboisten Paul Kaiser und dem Fagottisten Patrick de Ritis die kapriziösen Themen teilte. In bestem Einverständnis präsentierten sich die höchsten und tiefsten Mitstreiter ihrer Instrumentenfamilien harmonisch eingebettet im klangvollen Tutti.       

Nach der Pause wurde Russland angepeilt. Ob es tatsächlich der Maler Viktor Hartmann war, der Modest Mussorgsky zum Zyklus Bilder einer Ausstellung inspiriert hat, lässt sich nicht mehr hundertprozentig beweisen. Eines der Bilder jedenfalls besaß der Komponist ja nachweislich selbst. Seine überaus plastischen Tongemälde erweitern die erhalten gebliebenen gezeichneten Vorlagen gedanklich eindeutig, etwa die im Original eher mickrige Hütte der Baba-Jaga oder das in dieser Form nie realisierte Große Tor von Kiew in der Ukraine (derzeit tages-politisch aktueller denn je). Die Klaviervorlage rief alsbald nach Großbesetzung. Unter allen Ansätzen zur Orchestrierung (von Vladimir Ashkenazy, Sergei Gortschakow, dem aus Laibach stammenden Österreicher Leo Funtek, Emil Naoumoff oder Leopold Stokowski) hat sich einzig Maurice Ravels Fassung international durchgesetzt. Andrés Oroczo-Estrada befeuerte mit Verve die Instrumentalisten des orchestralen Aushängeschilds der Stadt Wien Richtung finalem und laut bejubeltem Triumph. Nach dieser guten Stunde Musik war eine vergnügliche Johann Strauss-Polka – Ohne Sorgen op. 271 – als Zugabe natürlich keine Frage!

Heute Donnerstag (20.1.) um 19.30 im Großen Festspielhaus wird dieses Programm wiederholt – am Freitag (21.1) gastiert die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Michael Francis mit einem französischen Programm - www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV/ Christian Leopold

 

 

 

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