Endlich wieder Spaß an Musik
MOZARTEUMORCHESTER / GONZÁLES-MONJAS
17/12/21 Die Masken sind Pflicht bei den Zuhörerinnen und Zuhörern, teilweise sah man sie auch im Orchester. Trotzdem war am Donnerstag (16.12.) die Freude, endlich wieder Musik live musizieren und erleben zu dürfen, an den Gesichtern abzulesen.
Von Horst Reischenböck
Dass ist sich also mit Lockdown-Ende noch ausgegangen: Das zweite Donnerstagkonzert des Mozarteumorchesters konnte in der Großen Universitätsaula stattfinden. Die verordnete Wartezeit hat das Orchester mit Aufnahmen anders genutzt und das geplante Programm musste deshalb geändert werden, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Bartók, Haydn und Ligeti mögen vielleicht später einmal nachgereicht werden. Übrig blieben Heinrich Ignaz Franz Biber und Wolfgang Amadé Mozart. Beide jedoch vom Feinsten.
Roberto Gonzáles-Monjas trat sowohl als Konzertmeister wie als Dirigent in Erscheinung. In dem 33 Jahre jungen, in Valladolid geborenen Spanier dürfte seine Studienzeit am Mozarteum Nachhall hinsichtlich der beiden mit Salzburg eng verknüpften Komponisten gefunden haben. Etwa was die barocke Spielpraxis betrifft, die er als primus inter pares mit handverlesenen Instrumentalisten gleich zu Beginn an Bibers Battalia-Suite demonstrierte. Total „senza Vibrato“ wurde so die gestalterische Phantasie und der mitunter unsere Gegenwart vorausnehmende Reichtum an Ideen und Klangfarben Wirklichkeit. Übrigens: Wer von den leuten, die sich einst in Salzburg an diesem „kriegerischen“ Werk amüsierte, ahnte die anstehende Wirklichkeit der Türkenbelagerung Wiens zehn Jahre später voraus?
Ähnlich unterhaltend gedacht war auch die Sonata jucunda. Dafür ist Bibers Autorschaft zwar nicht bewiesen, aber auch dieses Stück ist mit Überraschungen gespickt. Und es lässt mährische Volksmusik, also Töne aus Bibers Heimat anklingen.
Rund hundert Jahre später delektierte sich Salzburgs Hof sowie Lehrende und Studierende an der Benediktineruniversität an Werken des Genius loci, beispielsweise an jenen drei Sätzen, die Vater Leopold mit Serenada Notturna di Wolfgango Amadeo Mozart. nel Gianaio 1776 überschrieben hat. Roberto Gonzáles-Monjas nimmt also aus gutem Grund an, dass das Kleinod mit der Nummer KV 239 für den Fasching entstanden ist.
Warum die gegenüber ihren Nachfolgern weit seltener zu hörende D-Dur-Finalmusik KV 189b (203) ausgerechnet der Name des vom Sohn so gar nicht geschätzten Fürsterzbischof Colloredo ziert, wurde bis dato nicht schlüssig erklärt. Roberto Gonzáles-Monja und das Mozarteumorchester waren darin zum Abschluss des Abends hörbar ein Herz und eine Seele. Auch wenn der vorangestellte Marsch KV 189c (237) den damaligen Ausführenden, so geschwind genommen wie diesmal, kaum Zeit zum Schreiten, geschweige denn Atmen gelassen hätte. Man hat solche Stücke ja damals „open air“ gegeben, quasi als einen Musik-Spaziergang. Das eröffnende Allegro assai mit seinen eindeutig auch agressiven Gedanken wurde in allen dynamischen Akzenten ausgekostet, ehe der Dirigent für die anschließenden drei Sätze wieder zur Geige griff und so, wie wohl ihr Urheber einst, Eingänge und kleine Kadenzen selbst beisteuerte.
Die beiden nachfolgende Menuette wären in diesen Tempi gewiss auch nicht tanzbar gewesen, bezauberten jedoch durch den Kontrast ihrer solistisch ausgeführten Trios samt den verzierten Bläsersoli. Genauso wie das gedämpft selige Abendstimmung beschwörende zweite Andante. Dann jedoch scharrten Gonzáles-Monjas „Hufe“ schon förmlich in den Startlöchern, um mit den blendend disponierten und willig folgenden Instrumentalisten durchs finale Presto zu eilen.
„Mozart für alle“ steht auf dem neuen Banner des Mozarteumorchesters – und entsprechend diesem Motto waren an diesem Donnerstag wirklich alle begeistert.