Salut d’Amour
JUGENDSINFONIEORCHESTER / BRANDAUER
03/11/21 Für die Jugendarbeit sind Pandemie bedingte Ausfälle besonders schmerzlich, weil hier Zeitspannen schnell verstreichen und zu fürchten ist, dass Chancen und Anschlüsse unwieder-bringlich verloren gehen. Dass die Motivation nicht abhanden gekommen ist, beweist das Jugendsinfonieorchester eindrücklich mit seinem kräftigen Auftritt.
Von Erhard Petzel
Die Einbettung des Klangkörpers in die Pre-College-Struktur der Universität Mozarteum erweist sich offensichtlich als bestens gesichertes Umfeld für die qualitative Entwicklung des Nachwuchses auch unter erschwerten Bedingungen. Das Konzert des Jugendsinfonieorchesters Salzburg unter Norbert Brandauer überzeugte mit einer bunten Palette an farbigen Werken mit Solisten und Gesang. Das vielfältige und abwechslungsreiche Programm am Dienstag (2.11.) im Odeion eröffnete mit einem Mozart-Block: Die Figaro-Ouverture erbrodelt mit geballtem Elan. Hingebungsvoll hängen die Blicke der jungen Leute an Brandauers Impuls gebenden Händen, um den agogischen Anforderungen strikt zu gehorchen. Die beiden Burschen am ersten Pult des Cellos stacheln sich zudem untereinander auf zum lustvollen Tanz mit den Phrasen und setzen der Melange engagierter Jugendlichkeit das Sahnehäubchen auf. Tamara Obermayr überzeugt darauf als liebestoller Cherubino. Liefert ihr das Orchester beim Ständchen vor der Gräfin willige Unterstützung, gerät der Klanghintergrund bei Non so più cosa son, cosa faccio fallweise etwas dick.
Donata Meyer-Kranixfeld vermittelt den Frust der Gräfin mit jeder Facette ihrer voluminösen Stimme, die sie zum innigsten Ausdruck in jeder Lage auf jedem Ton eindrucksvoll zurücknehmen und aufblühen lassen kann. Souverän navigiert Dirigent Norbert Brandauer durch die agogische Brandung des Rezitatives zum harmonischen Fluss der Gemütsschwankungen, die den Zwang zur nächtlichen Verstellung begleiten. Die Arie schwillt von der innigsten Erinnerung an süße Liebesfreuden zur so furiosen wie wohl vergeblichen Hoffnung an, das Herz des sextollen Grafen bekehren zu können.
Dann ein souveräner Solo-Auftritt für Curtis Phill Hsu im ersten. Satz des Klavierkonzerts KV 271 Jeunehomme. Ihm bereiten die virtuosen Läufe und Triller offensichtlich genauso viel Spaß, wie die virtuose, fast schon romantische Kadenz. Dass er nicht ganz ausgelastet war, beweist Curtis Phill Hsu in der Draufgabe mit Liszts La Campanella: Die gis-Moll-Glöckchen in dieser dritten der Études de Paganini erschallen klar im virtuosen Geflecht pointierter Polyphonie, die in ein Affentempo getrieben wird.
Der sangliche Gegenpart findet sich in Beethovens Romanze für Violine und Orchester op. 50 mit Magdalena Waldauf als Solistin. Sie bleibt gleich stehen als Stimmführerin im ersten. Satz von Antonin Dvořáks Serenade für Streicher op. 22, wo nur die Cellogruppe ihre angestammte Sitzhaltung weiterführen darf. Ein tiefgründiges Aufblühen des Streicherklangs, vom aufdringlichen Bläsergedöns „befreit“ im ungetrübten Fluss. Im Wechselspiel leuchten die Registerfarben satt auf, bis sie sich zu punktiertem Schwelgen aufschwingen.
Außer Programm ziehen die Bläser auf, um mit dem vierten. Satz die Serenade für Bläser, Cello und Kontrabass anzubieten und so Gerechtigkeit herzustellen. Zurecht, sie können in dem an Bewegung starken Werk ihre Qualitäten forciert zur Schau stellen. Lustvoll und im Vollklang geht es vereint an Brahms’ ersten Ungarischen Tanz, dessen delikate Rubati ihren Widerpart finden in Manuel de Fallas El amour brujo: Danza ritual del fuego. Hier soll der Geist eines über den Tod hinaus eifersüchtigen Gatten im Feuertanz unschädlich gemacht werden in einer musikalischen Melange von spanischer Folklore und einem Anflug von Strawinskys Sacre. In dieser Richtung auch die Draufgabe mit Astor Piazzollas Liebelei.
Nach einer ausgiebigen Bedankung aller Beteiligten noch der geschmeidig-elegante Salut d’Amour als Schlussstrich unter ein mögliches Motto des inspirierten Abends, der von der Kraft der Jugend getragen ist im flexiblen Wechsel der Funktionen: Zwischen Solo- und Orchesterauftrag, zwischen Musikausübung und Bühnenumbau. Ein Vergnügen für jeden und Bestätigung für stolze Eltern und Musikvermittler im Sinne ihrer Institutionen.