Gelungene Wiedergeburt
BACHGESELLSCHAFT / RECREATION
04/06/21 Erholung. Entspannung. Pause. Übersetzungen gibt es viele – Recreation heißt das biennale Festival der Salzburger Bachgesellschaft. Nach Lockdown-Ende und Kultur-Wiederbeginn könnte tatsächlich von „Neuschöpfung“ sprechen. Zur Eröffnung in der Müllner Kirche gab es Werke von Michael Haydn und Anton Bruckner.
Von Horst Reischenböck
„Anton Bruckner: Fast ein Salzburger!“ So lautete der Programm-Titel des endlich Wirklichkeit gewordenen musikalischen Auftakts. Die Betonung liegt freilich auf „fast“. Die Salzburger haben ihm die Tür gewiesen – und das ist auch gut so. Denn wäre Anton Bruckner mit seiner Bewerbung auf die Stelle eines Leiters von „Dommusikverein und Mozarteum“ nicht abgeblitzt, hätte ihn die mit dem Amt verbundene Bürokratie wohl schwerlich zum großen Sinfoniker werden lassen ...
Seien wir also posthum froh darüber, dass, wie er schrieb, anlässlich des Probe-Dirigierens „die Mädchen der Sing=Akademie alle gegen mich aufgereizt“ waren. „Es war schrecklich. Doch ich gab nicht nach und zuletzt beim Chor wurde ich großartig zweimal applaudiert.“ Dabei handelte es sich um Bruckners siebenstimmiges Ave Maria, das nach Locus iste und Christus factus est auch das Konzert des Collegium Vocale in der Pfarrkirche Mülln am Donnerstag (3.6.) bekrönte.
Die monatelange Proben-Pause machte es Chören ja nicht leicht, ihr Können auf gewohntem Niveau aufrecht zu halten. Umso erfreulicher, dass die vierzehn Damen und Herren des Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft a capella hörbar keinerlei wie immer geartete vokale Einbußen hören ließen.. Ein marginaler Einwand nur, Virgil Hartingers, auch solistisch zum Intonieren in Bruckners Tota pulchra es Maria eingesetzter, geschmeidiger Tenor stach gelegentlich doch etwas aus dem von Klaus Eibensteiner geleiteten homogenen Ganzen hervor.
In der Hauptsache stand ein halbes Dutzend an Kompositionen des „Salzburger Haydn“ zu Gehör, Stücke, die Anton Bruckner vielleicht im Stift St. Florian kennengelernt hat. Jedenfalls rare Kleinodien aus Michael Haydns umfangreichem sakralen – interessanterweise mehrheitlich für den Gründonnerstag geschaffen – Vokalstücken.
Die Konzert-Dramaturgie fußte noch auf einem Konzept von Albert Hartinger, des Verstorbenen Gründers der Bachgesellschaft, der mit Josef Friedrich Doppelbauer auch an einen anderen, wirklich in Salzburg tätig gewesenen Oberösterreicher erinnern und damit zugleich dem ehemals stellvertretenden Rektor am Mozarteum posthum Reverenz zollen wollte.
So fügte sich, mit der bewährten Organistin Michaela Aigner an der Orgel, Doppelbauers Salve Regina ins Geschehen, oder die jubelnde Motette Cantate Domino, die den bewegt kontrastierenden Höhepunkt in den hauptsächlich doch eher getragenen Gesamt-Duktus einbrachte.