Ein weihnachtliches Gewürz-Allerlei
KULTUR – VIRTUELL
24/12/20 „Wir haben zwei ganz wunderbare Weihnachtslieder mit Salzburger Abstammung“, schwärmt der Pianist und Ensembleleiter Wolfgang Brunner – Motive aus diesen beiden Stücken hat er hergenommen für eine Fantasie für zwei Singstimmen und ein kleines Kammermusikensemble, uraufgeführt 2019 im belgischen Mechelen.
Das eine Weihnachtslied kennen natürlich alle, Franz Xaver Grubers Stille Nacht, heilige Nacht. Das zweite ist auch ganz vielen Menschen geläufig, es fehlt in kaum einem weihnachtlichen Liederbuch. Aber es fällt einem dazu möglicherweise nicht spontan Salzburg ein: Es geht um Josef, lieber nefe mein. Das gilt als das älteste notierte Weihnachtslied in deutscher Sprache überhaupt. Dem Mönch von Salzburg wird es zugeschrieben. Wer dieser „Mönch“ war, darüber wird bis heute unter Musikhistorikern diskutiert. Jedenfalls wirkte der Mönch am Hof des Salzburger Erzbischofs Pilgrim II. von Puchheim (1365–1396). Es wurde auch gemutmaßt, ob nicht der Kirchen- und Landesfürst selbst hinter dem Pseudonym steckt. Ob er also ein frommer Mann in Kutte war oder ein Lover, als den ihn die Manessesche Liederhandschrift (Bild) darstellt, muss offen bleiben.
Diese zwei Stücke hat jedenfalls Wolfgang Brunner, den man ja eher als Spezialisten auf historischen Flügeln kennt, in einer Eigenkomposition „verwurstet“, wie er in der ihm eigenen Selbstironie sagt. Wie kam es zur Uraufführung am 15. Dezember des Vorjahres in der Basiliek Onze-Lieve-Vrouw van Hanswijk, Mechelen (Belgien)? „Das Stück entstand für ein Programm der Haydn-Genootschap Belgien, die ihren Sitz in mechelen hat“, erzählt Brunner. „Für die haben wir letztes Jahr ein Programm mit Salzburger Weihnachtsmusik vom 17. bis eben ins 21. Jahrhundert spielen dürfen.“
Ein sehr fremdes Terrain für Brunners Ensemble Salzburger Hofmusik? „Ich finde es gerade für die Interpretation sogenannter Alter Musik wichtig, nicht nur sorgfältig und lebendig Musik vergangener Jahrhunderte zu spielen, sondern zugleich lustvoll alles aufzunehmen, was so am Wege liegt“, erklärt der Musiker. „Soll ich sagen: Das ist wahrer Barock?“
Musikalisch höre man vieles, was ihm eben Spaß mache: „Das ist Bordunmusik, Minimal Music, da wird die Stille Nacht-Melodie auch mal als Zwiefacher (oder auch Sieben-Achtel-Rhythmus) verwertet, und weil mich die zugleich strengen wie süßlichen Messiaen-Skalen mit den sich daraus ergebenden Harmoniemöglichkeiten immer wieder erfreuen, habe ich halt auch noch a bisserl Messiaen-Gewürz drüber gestreut.“
In die Schublade wie „Crossover“ will Brunner das Stück nicht gelegt wissen. „Für mich ist’s halt einfach Musizieren mit Freunden und den Spaß daran mit meinem Publikum zu teilen.“ (dpk-krie)