Frau Ernst und Frau Heiter
HINTERGRUND / KONZERTZYKLUS FRAUENSTIMMEN
20/10/20 Immer wieder aufschlussreich, sich die Biographien von heute vergessenen Komponistinnen genauer anzuschauen - und natürlich auch ihre Werke wieder zu hören. Etwa jene der Geigerin, die das Lombardini Quartett als Namensgeberin ausgesucht hat.
Von Reinhard Kriechbaum
Auch Leopold Mozart hatte die von Maddalena Laura Lombardini-Sirmen (1745–1818) komponierten Streichquartette in seinem Besitz. Ein gar nicht so kleiner Schönheitsfehler dabei: Diese Werke wurden unter dem Namen ihres Ehemannes Ludovico Sirmen veröffentlicht.
Maddalena Laura Lombardini-Sirmen hatte ein abenteuerliches Leben: Ausgebildet als Geigerin am Ospedale dei Mendicanti, einem der vier Mädchenkonservatorien in Venedig, studierte sie unter anderem auch bei Giuseppe Tartini in Padua. Nach ihrer Heirat mit Ludovico Sirmen (auch er war Geiger) ging sie zunächst mit ihrem Ehemann auf Konzertreise. Später auch ohne ihn. In Paris, London, Dresden und St. Petersburg als Geigerin gefeiert. Auch als Sängerin trat sie auf. Ihre Streichquartette wurden 1769 in Paris unter dem Namen ihres Mannes gedruckt.
Das also war die Patronin des Lombardini Quartetts, das am Mittwoch (21.10.) in der Reihe Frauenstimmen im Domchorsaal auftritt. Die vier Musikerinnen haben sich auf Komponistinnen und Komponisten der Frühklassik spezialisiert und streben Originalklang an. Daher historische Instrumenten mit Darmsaiten-Bespannung.
Eine weitere italienische Komponistin, die das Streichquartett auf ihren Banner geschrieben hatte, war Felicita Blangini (1780–1844). Sie stammte aus einer wohlhabenden Turiner Familie und war die ältere Schwester des Komponisten, Sängers und Gesangslehrers Felice Blangini. Auch sie war als Sängerin und Geigerin ausgebildet und erhielt auch Kompositionsunterricht. Um 1800 bildete Felicita Blangini als Bratscherin, zusammen mit den Geigerinnen Agathe-Victoire Ladurner, Clarisse Larcher und der Violoncellistin Thérèse-Rosalie Pain, ein Frauen-Streichquartett: „Diese vier Damen bildeten […] ein exzellentes Quartett und musizierten mit der ganzen Präzision, der Energie, dem Zusammenspiel und den Feinheiten, die diese so schwierige Gattung verlangt“, schrieb ein ein Kritiker.
Felicita Blangini wurde 1805 „Violinspielerin im Dienste der Kurfürstin von Bayern“ sowie deren Gesangslehrerin. Als ihr Bruder 1809 Generalmusikdirektor in Kassel wurde folgte sie ihm als Opernsängerin dorthin. 1813 heiratete sie den Hofbaudirektor Leo von Klenze, den späteren Architekten von König Ludwig I. von Bayern. Als sich das Königreich Westfalen nach der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) aufgelöst hatte, übersiedelte das Ehepaar Klenze wieder nach München, wo es ihnen gelang, an die alten Beziehungen zum bayerischen Hof anzuknüpfen. Leo von Klenze erbaute in München unter anderem die Glyptothek und die Ruhmeshalle sowie in Regensburg die Walhalla und in kehlheim die Ruhmeshalle. Kein Wunder, dass man sich an seinen Namen und nicht an den seiner Ehefrau erinnert.
Amalie Marie Friederike Auguste, Herzogin von Sachsen (1794-1870) war als schöpferische Künstlerin unter falschen Namen umtriebig: In den 1930er- und 1940er-Jahren des 19. Jahrhunderts war sie als Amalie Heiter eine der bekanntesten Lustspiel-Autorinnen Deutschlands. Sie hatte eine sorgfältige musikalische Erziehung genossen und schrieb als Sechzehnjährige ihre erste italienische Oper (von insgesamt zwölf Opern), danach folgten weitere Opern, Kantaten und kleinere Werke. Als Komponistin nannte sie sich Amalie Serena. Ernst und heiter – die Dame war erfindungsreich und vielleicht sogar ein wenig selbstironisch bei der Wahl ihrer Pseudonyme.