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Amerikanischer Auftritt

HINTERGRUND / CORONASCHUTZ / ORCHESTER

13/05/20 Vielleicht kommt man bald ja doch mit einem halben Fußballfeld als Podium für ein durchschnittliches, klassisches Symphoniekonzert aus. Die Intendanten, Geschäftsführer und Verantwortlichen von acht österreichischen Orchestern haben der Kultur-Staatssekretärin Möglichkeiten zusammengeschrieben, die eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs möglich machten.

Von Reinhard Kriechbaum

Bei Ulrike Lunacek landen ja derzeit vermutlich im Stundenabstand solche Briefe. Dieser Tage erst haben alle Landestheater-Intendanten und -Intendantinnen gemeinsam vernünftige Regelungen eingemahnt.

Im Fall des Schreibens, das ihr jetzt alle Orchester-Manager zustellen ließen, mag der Kultur-Staatssekretärin die Menge von Orchestern erst so recht bewusst werden, die es in unserem Land gibt. Es geht – alphabetisch – ums Bruckner Orchester Linz, die Grazer Philharmoniker, das Kärntner Sinfonieorchester, das Mozarteumorchester Salzburg, das ORF Radio‐Symphonieorchester Wien, das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, das Tonkünstler‐Orchester Niederösterreich und die Wiener Symphoniker. Da sind Freelance-Orchester wie die Camerata Salzburg noch gar nicht dabei. Auffallend ist, dass die Wiener Philharoniker nicht mitunterzeichnet haben. Aber die bilden bekanntlich eine Klasse für sich.

Es geht also darum, wie der Spiel-, vorerst vor allem der Probenbetrieb aussehen könnte. So eng und intim wie auf diesem Bild des Mozarteumorchesters mit seinem Chefdirigenten Riccardo Minasi geht’s jedenfalls bestimmt nicht mehr. Man argumentiert unter anderem auch mit der Gesundheit der Orchestermusiker. Da „die Berufstätigkeit zu den wichtigen sozialen Bestimmungszahlen in Bezug auf Gesundheit und Lebenserwartung“ gehöre, sei „die Wiederaufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit für Musikerinnen und Musiker nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern auch aus sozialmedizinischer Perspektive von großer Relevanz“.

Was natürlich den Orchestervorständen auch ein Anliegen ist: „Nur Personen, die sich gesund und leistungsfähig fühlen, sollen ihre berufliche Tätigkeit im Orchester wiederaufnehmen.“ Eine tägliche Selbstüberprüfung im Hinblick auf die folgenden Covid‐19‐typischen Symptome sei notwendig, alle eventuellen Krankheitssymptome ernst zu nehmen und ärztlich zu überprüfen. Den „Hochrisikopersonen“ (also Musikern mit Vorerkrankungen) solle im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine Freistellung von der Teilnahme am Orchesterspiel gewährt werden.

Wie könnte es im Orchestergraben oder auf dem Konzertpodium in nächster Zeit zugehen? Der Ein-Meter-Abstand („gerechnet von Kopf zu Kopf“) erscheint den Verantwortlichen realistisch, auch das Aufstellen von Plexiglas‐Wänden vor den Bläserinnen und Bläsern. Da verweist man aber auch darauf, dass „die zuletzt kolportierten Gefahren durch das Musizieren mit Blasinstrumenten durch Studien widerlegt worden“ seien. Instrumente sollten nicht von mehreren Musikern gemeinsam gespielt werden (das kommt gelegentlich beim Schlagzeug vor).

Für Auf- und Abtritte empfiehlt man keine Gruppenbewegungen in Reih und Glied, sondern das, was in der Fachsprache „Amerikanischer Auftritt“ heißt: Alle bröseln nach und nach herein.

Für den Bereich hinter der Bühne werden logischerweise individuelle Lösungen nötig sein, denn die Baulichkeiten unterscheiden sich naturgemäß sehr voneinander. Aber solche Probleme lösen Unternehmen abseits der Kulturbranche ja auch.

Jedenfalls müssen künftig Orchesterleute „rechtzeitig vor Proben‐, Konzert‐ oder Aufführungsbeginn oder vor Aufnahmen eintreffen, da sämtliche Sicherheitsmaßnahmen (Hygienevorschriften, Abstand halten, Instrumente aus Kisten entnehmen, Auftritt etc.) mehr Zeit als üblich in Anspruch“ nähmen. Vor dem „Amerikanischen Auftritt“ geregeltes Antreten zum Händewaschen also. Es wird bald längere Warteschlangen nicht nur im Foyerbereich vor den Damen-WCs geben.

Bild: Mozarteumorchester / Hendrik Stoltenberg

 

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