Ein Dirigent und sein Plüschtier-Orchester
KULTUR – VIRTUELL
22/04/20 DrehPunktKultur empfiehlt, auch mal wegzublenden von den Sondersendungen zur Corona-Lage. Warum nicht Salzburger Kultur online genießen? Zum Nach-Hören und -Schauen oder als Appetitmacher für dann, wenn die Kultur wieder läuft.
Heute legen wir Ihnen ans Herz: Das Mozarteumorchester Salzburg spielt ein Quarantificat
Die Engländerin Sasha Calin, Solo-Oboistin in Mozarteumorchester, hat kürzlich in einem Blog verraten, dass sie mit dem Zurechtschnitzen der Rohre für ihr Instrument „gleich viel Zeit wie mit dem Üben“ verbringe. „Im Schnitt würde ich sagen, ich brauche dafür an einem freien Tag zwei Stunden und im Schnitt ungefähr acht bis zehn Stunden pro Woche.“
Schnitzen, hobeln, abschaben und – nicht zu vergessen – die beiden Rohrblätter, die das Doppelrohrblatt-Instrument verlangt, mit einem Baumwollfaden zusammenbinden... Das hat nichts mit verordnetem home office zu tun. Sasha Calin macht das, wie viele ihrer Oboisten-Kolleginnen und -Kollegen, auch in besseren, betriebsameren Zeiten selbst.
Der Schlagzeug-Kollege Michael Mitterlehner-Romm spannt derweil Ziegen-Pergament über die Pauke. In einem Video erfahren wir, dass man für ein wirklich gutes Paukenfell schon bei der Ziegenzucht anfangen muss: Die Tiere dürfen sich nicht verletzen, der Balg muss intakt sein. Eher nicht zur musikalischen Allgemeinbildung gehört auch das Wissen, dass Ziegenpergament ein Spezifikum in Österreich und das besondere Kennzeichen der nur in heimischen Orchestern gebräuchlichen Wiener Kurbelpauke ist. Auf dem Konzertpodium sieht man meistens nur zwei bis vier Pauken, aber das Mozarteumorchester hat nicht weniger als 17 Pauken! Michael Mitterlehner-Romm geht also die Arbeit beim Neubespannen nicht aus. Das ist nämlich ein Mal pro Jahr pro Instrument nötig.
Das sind zwei der Wohnzimmergeschichten von Mitgliedern des Mozarteumorchesters. Solche und viele andere, auch viele Musikaufnahmen, finden sich auf der Homepage. Was die anderen Musikerinnen und Musiker derzeit so treiben? Geradezu überbordenden Humor im home office zeigen sie in dem Video Quarantificat, hinter dem sich eine Aufnahme des quirligen Magnificat von Carl Philipp Emanuel Bach versteckt. Auch der Salzburger Bachchor ist an dieser lebefrischen Interpretation beteiligt. Der Vorteil eines solchen Puzzle-Videos: Chefdirigent Riccardo Minasi hat dafür nicht eigens aus Rom anreisen müssen. Dirigiert er dort tatsächlich ein Ensemble aus Plüschtieren? Wir haben da unsere Zweifel... (dpk-krie)