Um Beethoven herum
MOZARTEUMORCHESTER / GIOVANNI ANTONINI
21/02/20 Beethoven „regiert“ das Jahr 2020 und er wird bis zum 200. Todestag 2027 und darüber hinaus weiter die Gunst von Publikum und Interpreten regieren. Ist schon OK. Aber es gibt auch in Beethovens unmittelbarem zeitlichen Wiener Umfeld Gewichtiges wieder zu entdecken: Das zeigte das Mozarteumorchester unter der Leitung von Giovanni Antonini.
Von Horst Reischenböck
Der erste und einzige offizielle Gastdirigent des Mozarteumorchesters macht sich relativ rar. Umso erfreulicher die längst überfällige Wiederbegegnung im Abo-Konzert am Donnerstag (20.2.) im Großen Saal des Mozarteums: Rund um den Auftritt des Oboisten Albrecht Mayer gruppierte Antonini eine abwechslungsreiche Werkfolge gruppierte.
Eröffnet wurd der Reigen mit dem sowohl von Christoph Willibald Gluck als auch von Joseph Haydn hoch geschätzten Joseph Martin Kraus: Dessen Lebensdaten sind nahezu deckungsgleich mit Wolfgang Amadé Mozarts. Doch von ihm wurde in Salzbuurg bislang nur die Sinfonie c-Moll VB 142 bereits mehrfach gespielt. Auch diesmal stand sie am Beginn des Programms. Ernst, vor allem in den Ecksätzen kämpferisch, setzten ihr Giovanni Antonini und das blendend disponierte Mozarteumorchester starke Akzente auf, etwa durch die ventillosen Naturhörner akustisch wirksam zu beiden Seiten der Holzbläser positioniert.
Oboenvirtuosen dürfen sich über Repertoire-Erweiterung freuen: Spitzenkönner Albrecht Mayer entdeckte vor wenigen Jahren ein mit 1794 datiertes Konzert F-Dur-des bei uns eher nur Insidern bekannten böhmischen Klassik-Zeitgenossen Jan Antonín Koželuh. Diesem verhalf Albrecht Mayer nun erfolgreich zur Salzburg-Premiere: Interesse weckt schon der Kopfsatz, der nach erstem Tutti-Ritornell bereits das Seitenthema dem Solisten anvertraut. Danach als Adagio eine theatralisch lyrische Gesangsszene und endlich das dankbar wiederum belebt spritzige Rondo-Finale mit überraschenden Einsprengseln. Dem Jubel dankte Mayer mit seiner Vorliebe für Johann Sebastian Bach, wobei der Titel der Kantate Nr. 21 Ich hatte viel Bekümmernis nicht ernst zu nehmen war. Die Wiedergabe weckte pure Freude: Als Streichquintett assistiertem dem Obensolo in der eröffnenden Sinfonia die Stimmführer des Orchesters.
Diese Zugabe schlug eine gedankliche Brücke zu Carl Philipp Emanuel Bach, dessen Werke sowohl Mozart wie Beethoven beeinflussten. Hörbar nachzuvollziehbar ist das etwa an der – für damalige Zeiten zukunftsweisend aufgeladenen dem Sturm und Drang – verpflichteten Sinfonie F-Dur-Wq 183/3 bzw. H 665. Das Werk entspricht genau der Intention des berühmten Bach-Sprosses: „Indem ein Musikus nicht anders rühren kann, er sei den selbst gerühret, so muß er notwendig sich selbst in alle Affekte setzen können, welche er bei seinen Zuhörern erregen will … folglich wechselt er beständig mit Leidenschaften ab.“ Paradebeispiel also die drei bei aller Kürze aufrüttelnd nahtlos aneinander gereihten Sätze dieser Sinfonie, in die sich das nun mit konventionellen Hörnern bestückte Mozarteumorchester unter Antoninis anfeuernden Händen begeistert hinein steigerte.
Genauso vehement im Anschluss daran das zu jedem Moment aufrüttelnd emotional musizierte Satzpaar von Franz Schuberts Symphonie Nr.7 h-Moll D 759, mit der er weit über Beethoven das Tor in eine romantische Klangwelt aufschloss. Schon der differenziert gestaltete Einstieg zur Unvollendeten seitens des Kontrabass-Trios machte aufhorchen, gefolgt von der vorwärtsdrängend dramatisch ausgespielten Wucht der Durchführung im Allegro moderato. Dynamisch bis an Grenzen reizte Antonini auch das nachfolgende Andante con moto aus. Eine bedenkenswert und rechtens langanhaltend bedankte Interpretation.