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Der Nikolaus bringt's

MOMU / BENJAMIN BRITTEN

19/12/19 Weder Museum noch Parteiakademie! Wo MOMU draufsteht, ist das Musische Gymnasium drin, das sich jetzt Mozart in die Kopfzeile gesetzt hat. Das Weihnachtskonzert zeigte sich unabhängig von solchen Marketingmaßnahmen und verzichtete auch auf den Genius loci. Dafür gab es als besondere Rarität Benjamin Brittens klingende Referenz an den Heiligen Nikolaus.

Von Erhard Petzel

Unter der Leitung von Thomas Huber erklang zuvor Doppelchöriges von Giovanni Gabrieli und Heinrich Schütz. O Magnum Mysterium handelt das Wunder einer göttlichen Geburt im Stall ab, wenn die Leibesfrucht aus dem würdigen Jungfrauenleib von Tieren begrüßt wird. Von Gabrielis Schüler Schütz kam das deutsche Magnificat zur Aufführung.

Der Mädchenchor und die Burschen von „Stimmbruch“ zeigten sich gut einstudiert und motiviert. Jedenfalls steht für das allgemeine Chorwesen schon der stilistisch versierte Nachwuchs bereit, dessen Stimmgewalt ja erst im Aufbau begriffen ist. Auch das Posaunentrio, das den zweiten Chor begleitete, wird später einmal mit Renaissanceinstrumenten spielen, die Intonation wird dann selbstverständlich sein.

Für die weiteren Programmpunkte findet sich Valerie Lanner durchgehend auf der Propter Hominies Orgel im Großen Saales in Aktion, einmal um mit dem Publikum zwei Choräle Benjamin Brittens einzustudieren, dann das Hauptwerk später mitzugestalten. Ihr großes Solostück für Orgel eröffnet den Abend: Carillon de Westminster ist das op. 54/6 des 1937 verstorbenen Louis Vierne, Organist von Notre-Dame in Paris. Darin nimmt er sowohl im Gestus wie fallweise auch im Klang die gängigen Muster von Minimal-Music vorweg. Zur zunächst hohen Riff-Figur werden die Töne von Big Ben näherungsweise permutiert, wozu sich stellenweise Kontrapunkte einfinden.

Die Redundanz des thematischen Materials wird mit Schwellwerk klanglich variiert und auch im Durchschreiten der Lagen. Ein Mittelteil setzt sich stilistisch ab und erinnert an Ringelspielmusik, die aber wieder zurück findet in die ursprüngliche Gestaltungsidee im ausladenden Finalgrandioso. Ein höchst hörenswerter Opener und eine interessante Begegnung.

Hauptwerk und Höhepunkt am Mittwoch (18.12.) im Großen Saal des Mozarteums ist aber Saint Nicolas, Benjamin Brittens op. 42, geschrieben 1948 für das 100jährige Jubiläum der Lancing School in Sussex und dort uraufgeführt: Ein höchst raffiniertes und wirkungsvolles Werk für die Arbeit mit jungen Musikern und musikalisch vorgebildeten Kindern, das 2005 in Salzburg in St. Paul erstmals aufgeführt wurde.

Obwohl der Text von Eric Crozier unausstehlich altbacken daherkommt und die Gesamtanlage unverkennbar der Oratorientradition verpflichtet ist, reizt das Werk auch den versierten heutigen Hörer durch kluge Dramatik und erfüllende Klangpracht. Geschickt vermengen sich Ensemble- mit unterschiedlichen Soloaufgaben, reduzierte Strukturen treffen auf satte Orchesterfülle und die Stimmen von Kindern stehen neben vollem Chor und dem Solisten in der Rolle des Nikolaus. Wenn Britten unsägliche Schwierigkeiten vermeidet, wird seine Musik doch nie simpel oder banal, reicht von Monodie bis Fuge, Filmmusik, Clusterteppichen und kompliziert zerrissenen Strukturen. Die Spannweite musikalischer Charakterisierung ist enorm und steckt voller Überraschungen. Und bewegte Szenen zur effektiven Klangmalerei gibt es zuhauf.

Markus Obereder hält die Fäden überlegen in der Hand und kann sich auf sein Team engagierter Kollegen und die Gestaltungsfreude der Schuljugend verlassen. Orchester und Chor klingen satt und überzeugend und differenziert im Ausdruck, der Kinderchor frisch, die Kindersolisten unerschrocken. Georg Dürnberger kann als Nikolaus naturgemäß Peter Peers nicht ersetzen, aber vor allem in den verhaltenen Teilen gelingt ihm innige Gestaltung. Ein Werk, das man sich künftig periodisch vom Mozart Musikgymnasium aufgeführt wünschen darf und dieser Schule optimal entgegen kommt. Dem Publikum sowieso.

Bilder: MOMU / Wolfgang Bermadinger

 

 

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