Headliner Salzburg
JAZZ & THE CITY / PROGRAMM 2019
02/10/19 Das Salzburger Festival Jazz & The City feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum. Wie der Jazz selbst setzt das Programm vom 16. bis 20. Oktober nicht auf Sitte und Sicherheit, sondern Improvisation und Entgrenzung.
Von Franz Jäger-Waldau
„Wir wollen ganz bewusst die barocke Idee, das Sonderbare, Seltsame, Überladene, das in dieser Stadt nicht nur architektonisch so unversehrt erhalten ist, ins Hier und Jetzt zu überführen“, sagt Kuratorin Tina Heine. Der kostenlose Eintritt soll dabei Türen öffnen zu einer Musik, die nicht unbedingt allseits bekannt und ganz anspruchslos ist. „Der Ort macht die Musik, und deswegen ist der eigentliche Headliner des Festivals die Altstadt von Salzburg mit ihrer Vielfalt an Locations, die sich in ungewöhnliche Spielstätten verwandeln lassen.“
Im Sinne jener barocken Extravaganz weitet das Festival seine Bühne auf die öffentlichen Plätze und Straßen, Hinterhöfe und Untergründe von Salzburg aus. Heine wagt dies gemeinsam mit dem neuen Co-Kurator Oliver Hangl, der in Wien mit seinen mobilen Konzerten, dem „Wiener Beschwerdechor“ oder „Baulückenkonzerten“ im öffentlichen Raum agiert: „Salzburg ist eine kontrastreiche, dichte Stadt. Mich interessieren vor allem die Nebenräume, die offenen Freiräume. Wir werden uns neue Wege durch die Stadt ergehen.“ Hangl spielt auf die von ihm geplanten „Walking Concerts“ an, Funkkopfhörerkonzerte, bei denen die Publikumsmasse – nach außen lautlos – durch die Stadt ziehen wird. Hangl wird am Samstag (19.10.) das Publikum zu Darstellern und die Öffentlichkeit zur Bühne machen. Ein „Flüstertunnel“ überkreuzt Stillstand und Bewegung: Eine Schlange von je zwei gegenüberstehenden Menschen, die einander Wörter zuflüstern. Die Einzelwörter werden dabei von den sich durch den Tunnel bewegenden Personen zu ganzen Sätzen geformt.
Jazz & The City lebt von den sich ergebenden Gegensätzen: leise, kontemplative Momente im Kellergewölbe eines Gasthauses, lauter E-Gitarrensound in der barocken Kirche. Amerikanische Rising Stars, wie zum Beispiel der Trompeter Theo Croker oder der Saxophonist James Brandon Lewis, und sogar der berühmte, mittlerweile neunzigjährige Rolf Kühn sind Teil davon: „Nein, das machen wir übernächstes Jahr“, soll sich jener damals optimistisch für heuer angekündigt haben.
Der konzertante Feldzug „Festung Entern“ startet am Kapitelplatz. Von dort aus werden Festivalmusiker samt Publikum den Festungsberg besteigen und die uralten Gemäuer bespielen. Tina Heine, selbst heimliche Kirchenorganistin, hat es geschafft, zu diesem Anlass, das Hornwerk der Festung, den „Salzburger Stier“ außer der Zeit über die Stadt dröhnen zu lassen.
Auch für die Musiker will Jazz & The City ein familiäres Gefühl herstellen. Bands und Solokünstler spielen nicht nur ein Konzert, sondern treten in diversen Besetzungen auf, manche Gruppierug entstehen erst vor Ort. „Man darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Deswegen wollen wir immer neue Formate entdecken“, meint Heine, die dem Publikum besonders die „Blind Dates“ des Festivals ans Herz legt: „Um 22 Uhr in der Blauen Gans, oder um 21.30 am Mozartplatz“, könnte es heißen. Der Ort und die Zeit sind vorgeplant – das Programm erstellen aber die Musiker selbst. Voraussetzung für diese musikalische Begegnung ist lediglich, dass die Musiker noch nie zuvor miteinander aufgetreten sind.