Von der Leichtigkeit des Seins
KULTURVEREINIGUNG / WDR SINFONIEORCHESTER KÖLN (2)
16/11/18 Romantik pur stand als Motto über dem zweiten Konzert des WDR Sinfonieorchesters am Donnerstag (15.11.) bei der Kulturvereinigung. Wiederum hörenswert und begeisternd des Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste Einsatz für Schumann und Bruckner.
Von Horst Reischenböck
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: als Robert Schumann 1850 die Stelle als Musikdirektors in Düsseldorf übernahm, sollten ihm nur mehr sechs weitere Lebensjahre vergönnt sein. Beflügelt, voller Elan entstanden sogleich nicht nur die „Rheinische“ Sinfonie, sondern auch in lediglich vierzehn (!) Tagen das Cellokonzert in a-Moll op. 129: ein großartiger Wurf und lange Zeit der einzige Beitrag für dieses Instrument in der romantischen Musik. Es ist absolut neuartig und originell insofern, als alle Abschnitte nahtlos ineinander übergehen.
Vier Tutti-Takte genügen, um den Vorhang für den Solisten zu öffnen, der sofort das Hauptthema intoniert. Alban Gerhardt stieg vorerst scheu, fast verhalten ein und versagte sich auch, die tiefste Saite des in seinen Händen prächtig tönenden Instruments zu forcieren. Nach Aufschwüngen, in denen Jukka-Pekka Saraste das Geschehen zügig aufrauschend vorantrieb, leitete Gerhardt genauso, wie vorgeschrieben „etwas zurückhaltend“, ja verträumt in das cantable Zwiegespräch mit dem Ersten Cellisten des Orchesters. Mit der „schneller und schneller“ werdenden Kadenz stieg er vital in das im Finale ein – in tatsächlich partnerschaftlichem „Konzertieren“ mit den schon zuvor exzellent begleitenden WDR-Instrumentalisten ein.
Es war das Lieblingskonzert von Mstislav Rostropovich, der übrigens Dmitri Schostakowitsch zu einer Bearbeitung des Orchesterparts anregte. Alban Gerhardt unterstrich nach leidenschaftlich virtuos von ihm ausgekosteter Stretta den optimistischen Ausklang und versenkte sich ob der Kürze des ersten Programmteils noch in das Prélude von Bachs D-Dur-Solosuite Nr. 6 BWV 1012.
Wie schon am Abend zuvor setzte er sich nach der Pause ins Orchester. Die Wiedergabe von Anton Bruckners Sechster Sinfonie in A-Dur regte zum Nachdenken an, ob so etwas wie ein für Oberösterreich charakteristischer Humor existiert. Von Bruckner ist wohl nicht bloß des Reimes wegen der Ausspruch „Die Sechste ist die Keckste“ überliefert, und auch für den künstlerischen Leiter der Bruckner-Tage St. Florian, Klaus Laczika, stellt diese Symphonie Bruckners ureigenste „Apotheose des Humors“ dar. Spröder Charme ist ihr zumindest nicht abzusprechen, dazu für Bruckner eine fast schon lapidare Kürze.
Jukka-Pekka Saraste konnte die Meriten seines Orchesters, nunmehr in Großbesetzung mit acht Kontrabässen, voll ausreizen. Er ließ vorerst präzise im Kopfsatz den reizvollen Rhythmus anstimmen, über dem das Hauptthema ersteht und ziemlich rasch und beeindruckend durch die Strahlkraft der Trompeten, Posaunen und Tuba im Fortissimo auftrumpft. Samtig weich und nicht über Gebühr „sehr feierlich“ verbreiteten die Streicher im Adagio ihre Spielkultur und nach dem lakonischen Scherzo, Bruckners kürzestem, beschloss das Blech nochmals bekrönend das Finale. In Summe exemplarisch schlank und kurzweilig.
Darauf passte dann Mozarts „Figaro“-Ouvertüre als quirliger Rausschmeißer.