Von der Liebe und der Lust am Klang
WIENER SAAL / GOTTFRIED VON EINEM
17/10/18 Gottfried von Einems anlässlich des 100. Geburtstags zu gedenken – dazu ist in diesem Herbst mehrmals Gelegenheit in Salzburg. Den Beginn machte am 16. Oktober im Wiener Saal die Stiftung Mozarteum mit einer gelungenen Kombination aus Liederabend und Kammerkonzert. Der Componist, wie er sich nannte, erwies sich als höchst lebendig.
Von Gottfried Franz Kasparek
Einems Opern sind nie ganz in Vergessenheit geraten und haben heuer in Wien und bei den Festspielen in Salzburg ihre Zeitlosigkeit überzeugend bewiesen. Selten sind seine Lieder zu erleben, obwohl sie für ihn im Zentrum des Schaffens standen. Die diesmal gewählte Auswahl machte Lust auf mehr. Es sind feine Petitessen, konzise Momentaufnahmen großer Gefühle und großer Naturliebe. Natürlich im tonalen Rahmen, aber mit dissonanten Pointen gewürzt, die mitunter zum Lachen reizen.
Die vertonte Sprache steht im Zentrum, sei es die von Weinheber, Benn, Carossa oder von des Componisten Muse und Gattin Lotte Ingrisch. Wenn ein Kätzchen stirbt, ist das traurig, aber es bleibt im großen Kreislauf des Werdens und Vergehens – und ist versehen mit der Bitte an den Schöpfer, auch für Tiere seinen Himmel zu öffnen. Wenn es um die Liebe geht, mischt sich immer Witz in die Emotion, in oft volksmusikalisch inspirierter Melodik. Einem war im Grunde Klassizist, trotz aller Verweise auf die Romantik und die Schönberg-Schule. Und er blieb immer er selbst. Ein sensibler Musiker, der sein Publikum nicht erschrecken, sondern auf höchstem Niveau erfreuen und zum Nachdenken anregen wollte.
In einer schönen Zusammenarbeit zwischen Stiftung und Universität Mozarteum präsentierte Wolfgang Holzmair den Liederreigen. Und sang selbst souverän fünf der innigen „Waldviertler Lieder“ mit spürbarer Liebe und nach wie vor exquisitem Bariton. Rund herum gruppierte er Studierende. Da lernte man eine silberstimmige Sopranistin aus Kanada kennen, Chelsea Kolić, mit schon perfektem Deutsch und graziler Gestaltung. Und die komödiantisch begabte Mezzosopranistin Franziska Weber aus Salzburg. Gemeinsam mit dem eleganten Bariton Daniel Weiler machte sie die geistvoll-lustigen Beziehungsszenen aus dem Zyklus „Prinzessin Traurigkeit oder Ein Känguruh im Schnee“ des Ehepaars Ingrisch/Einem zu einem kleinen Kabinettstück der komplizierten Liebe und das Podium flugs zur Bühne. Der polnische Tenor Alexander Rewinski mit charmantem Akzent punktete mit lyrischer Energie. Für die profunde Klavierbegleitung sorgten Gaiva Bandzinaite und Dario Vagliengo.
Gottfried von Einem ist seinem sehr persönlichen Stil sein Leben lang treu geblieben. Auf Rhythmus und Melodie wollte er nicht verzichten und dennoch klingt das bei ihm nicht altmodisch. Mozart hat er verehrt, aber auch Alban Berg und noch mehr denkt man an einen ins 20. Jahrhundert gewanderten Joseph Haydn, hört man seine Bläser-Kammermusik. Das „Ensemble Sonos Vienna“, ein klassisches Bläserquintett west-östlicher Herkunft mit vier Damen und einem Herrn (dem Hornisten) aus Wien begeisterte mit Präzision, schönem Klang und jugendlicher Frische. Das Bläserquintett op. 46 aus dem Jahr 1975 ist beste Spielmusik mit Hintersinn und Humor. Anno 1988 entstand eine höchst unterhaltsame Serenade für Klarinette, Fagott und Horn, „Von der Ratte, vom Biber und vom Bären“. Hinter den Viechern verbergen sich die geliebte „Ratte“ Ingrisch, der befreundete Verleger-„Biber“ Harald Kunz und der Componist, der ja tatsächlich etwas Bärenhaftes an sich hatte.
Weitere Einem-Termine: 19.11., Orchesterhaus, Der Besuch einer freundlichen alten Dame, Oswald Panagl im Gespräch mit Lotte Ingrisch; 20.11. Wiener Saal, Mozarteum Quartett, mit dem 3. Streichquartett (neben Haydn, Mozart, Schubert); 25.11. Orchesterhaus, Ingrid Hasse & Ensemble, Kammermusik mit Flöte (dazu Mozart); Beginn jeweils 19.30 Uhr.
Bilder: www.wolfgangholzmair.com/Ernest W. Gruber (1); Ensemble Sonos Vienna (1)