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Nicht wie ein UFO in der Stadt landen

HINTERGRUND / JAZZ & THE CITY

08/10/18 „Ich wünsche mir, dass sich das Publikum treiben lässt“, sagt Tina Heine, die künstlerische Leiterin des Festivals Jazz & The City, von 17. bis 21. Oktober. Am besten keinen Plan machen, „sich mitschnappen lassen – sagt man das hier so?“

Von Reinhard Kriechbaum

Nein, sagt man in Österreich nicht so, tut aber dem Salzburger und dem zu diesem Altstadt-Musikfestival anreisenden Publikum gewiss gut. „In einer Zeit, in der uns der Mut zum Abenteuer abhandengekommen zu sein scheint, in der man sich von Portalen zeigen lässt, wohin man reisen mag, der Wetter-App mehr vertraut als der Nase im Wind und Streaming-Dienste uns sagen, welche Songs in die eigene Playlist gehören, lädt Jazz & The City dazu ein, Filterblasen zu verlassen und sich treiben zu lassen.“ Klingt verlockend. Auch der Salzburger Hotelier Andreas Gfrerer, als Obmann des Altstadtverbandes der Chef von Tina Heine, schlägt in die selbe Kerbe: „Es ist kein Beisl-Festival, wir wünschen uns Breite und Internationalität.“

Als Tina Heine 2016 als Leiterin von Jazz & The City antrat, hat sich sehr schnell gezeigt, wo ihre Stärken liegen: Ihr ist es ein Anliegen, dass Künstlerinnen und Künstler nicht bloß für ein Konzert vorbei schauen. „Viele sind drei bis vier Tage da“ freut sich Tina Heine, und da entstünden spontane Kontakte. Die Programmschiene „Blind Dates“ ist dafür typisch. „Oft steht bis kurz vor Beginn noch nicht fest, wer spielen wird. Die Künstler können sich auf dem Festival spontan verabreden und diese Begegnung vor dem Publikum erproben.“

Hundert Konzerte also an vierzig Orten, bei freiem Eintritt. Das Trondheim Jazz Orchestra ist zur Eröffnung am 17. Oktober ins republik eingeladen. Das norwegische Improvisationsorchester wird aber auch eigens für Jazz & The City ein neues Projekt erarbeiten und hat sich dafür die Frauen-Power Band Hearth ausgesucht. Was da in drei Probetagen entsteht, wird man am 18.Oktober im republic zu hören bekommen. Solches geplantes oder spontanes Miteinander lässt sich quer durchs Programm verfolgen, ist auch ein Mittel, Musikerinnen und Musiker für Salzburg zu begeistern und zum Wiederkommen zu bewegen: Der New Yorker Sänger und Gitarrist Jeff Taylor war im Vorjahr da, „hat die Katakomben im St.Pertersfriedhof entdeckt“, erzählt Tina Heine. Könnte gut sein, dass er bei einem der „Klangspaziergänge“ sein Publikum dorthin entführt.

Diese Klangspaziergänge gehören ebenfalls zu den Schnäppchen im Programmportfolio, mit denen man das Publikum überraschen möchte. „Das war voriges Jahr ein bisschen wie beim Rattenfänger von Hameln, wir haben mit zehn Leuten begonnen, schließlich waren es hundert“, erinnert sich Tina Heine. Kooperation mit Salzburger Institutionen wird groß geschrieben, vom Musikum bis zu Uni Mozarteum, von Toihaus und Szene (dort gibt’s Backstage-Touren für Kinder) bis zum Kunstverein (Musik und Filme im Künstlerhaus). „Ich möchte nicht wie ein UFO in der Stadt landen“, versichert die Intendantin.

Leila Martial, Anne Paceo, Sofia Jernberg, Lucia Cadotsch, Mariama, Naissam Jalal, Tamar Halperin, die Duos Ginger Spirit und Yellow Bird oder die (Salzburger) Trio Cube 3 und Vicky Sisters: „Gender balance ist mir ein Anliegen“, bestätigt Tina Heine. Fünfzig Prozent hat man noch nicht erreicht, aber der Anteil an Sängerinnen und Musikerinnen dürfte deutlich höher sein als bei den meisten anderen einschlägigen Festivals. Aufhören tut's diesmal am Sonntag zur Mittagsstunde im Mirabellgarten (21.10., 12-15 Uhr) – und da soll nochmal deutlich werden, wie frei und flexibel die Musikerinnen und Musiker bei der Programmgestaltung sind:

„Sie haben im Lauf der Woche Zeit, es sich zu überlegen und gemeinsam zu entwickeln, wo und wann wer spielen wird. Ich halte mich raus, werde mich dann treiben lassen und lade alle Festival-Besucher ein, es mir gleich zu tun“, sagt Tina Heine. Das Motto „Let's get lost“ meint wohl, nicht etwas zu verlieren, sondern Neues, Überraschendes zu finden.

Jazz & The City, 17-21. Oktober – www.salzburgjazz.com
Bilder: dpk-krie (1); Jazz & The City / Jenna Foxton (1), Jon Edergren (1); www.nereacoll.com (1)

 

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