Von Engelsstimmen gesungen
BACHGESELLSCHAFT / KONZERT
16/08/18 Kennern und Freunden ist der Termin längst liebgewordene Tradition, die Salzburger Bachgesellschaft beginnt ihre Saison ja immer am Marienfeiertag im August. „Mozart und Haydn in Mülln“ wurde heuer wieder ein bejubelter Erfolg.
Von Horst Reischenböck
Albert Hartinger, der das Konzert leitete, gelang es auch diesmal, Bezugspunkte zum ehemaligen Vorort zu knüpfen. Wie er ausführte, ist zwar bislang nicht nachzuweisen, ob und dass die Mozarts in der heute Pfarrkirche musizierten. Als Mitglieder der Hofkapelle haben sie sich jedoch sicher aktiv an Messfeiern seitens des Erzbischofs beteiligt. Und es gab wohl Beziehungen zu den Augustinermönchen, in deren Klöstern die Familie auf Reisen oft nächtigte. Zudem werden sie gewiss den Bruder Pertl der Mutter besucht haben, der in der heutigen Augustinergasse wohnte. Michael Haydns erste Bleibe wiederum war laut Gedenktafel „Der weiße Schwan“, heute Gasthof Krimplstätter in der Müllner Hauptstraße.
Ehe das Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft und die Instrumentalisten von Viva la Musica Salzburg vor der auf dem Hochaltar thronenden Muttergottes Aufstellung nahmen, spielte Michaela Aigner Mittwochabend zur Einstimmung die in ihren Eckteilen glanzvolle Toccata II von Johann Jakob Froberger auf der Orgel der Kirche.
Danach galt der Einsatz vorerst Joseph Haydns G-Dur-Missa Sancti Nicolai, Hob XXII:6. Sie ist für den Namenstag seines fürstlichen Dienstherrn in Eisenstadt entstanden. Mit ihrem vorherrschend pastoralen Duktus und der schmalen Besetzung (zu den Streichern kommen je zwei Paaren Oboen und Hörner) ist sie einfach gehalten. Für dieselbe Besetzung komponierte Haydns Bruder Michael das Ave Maria in F-Dur, MH 72. Von diesem Werk existiert auch eine handschriftliche Kopie Wolfgang Amadé Mozarts.
Dessen Litaniae Lauretanae D-Dur, KV 186d (195), eine Anrufung Mariens, ist von der Liturgie her für den Mai bestimmt. Dramatisch ernst im zentralen Salus infirmorum, dem Anruf „Du Heil der Kranken, bitte für uns“. Wolfgangs Erinnerung an das, was ihm in seiner Jugend widerfuhr? Die Lauretanische Litanei wurde einst in der wesentlich kleineren Schlosskapelle Mirabell aufgeführt, wahrscheinlich ohne Posaunen. Vater Leopold sprach später abschätzig von „Bierlytanien“, „damit die Leute nur geschwind wieder auf die Bierbank kommen“ – die Bachgesellschaft lud am Mittwoch (15.8.) ihr Publikum, das es nicht so eilig hatte, nach dem Konzert auf ein Krügerl in den Marmorsaal des benachbarten Bräustübls.
Das hatten sich vor allem die Vokalisten redlich verdient. Glücklich ein Chor, dem eine Reihe solch exzellenter Einzelstimmen, vor allem Soprane eignet: Stachen schon Donata Meyer-Kranixfeld und Madeleine Schwaighofers glockenhelle Soli bei den Haydn-Brüdern hervor, so übertrumpfte sie Bettina Meiners in Mozarts „Regina Angelorum“. Nachdem zu urteilen, was sie virtuos von Brusttiefe her bis in höchste Lagen perfekt gestaltete, muss Wolfgang von einer höchsten Anforderungen entsprechenden „Gurgel“ angeregt worden sein. Dem Tenor verordnete Koloraturen absolvierte Virgil Hartinger gewohnt bravourös und locker, ihm zur Seite Marian Krejcik mit schlank geführtem Bass. A capella-Qualitäten aller brachte dann ein „Salve Regina“ von Michael Haydn-nochmals zum Leuchten.