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Aspekte eines Siebzigers

IM PORTRÄT / HERBERT GRASSL / ASPEKTE

30/04/18 Zwar hat Herbert Grassl anlässlich seines heuer zu begehenden „Siebzigers“ die Leitung der Hofhaymer Gesellschaft abgegeben, doch die Verschmelzung von Hofhaymer Ensemble und Österreichischem Ensemble für Neue Musik beim Aspekte Porträt-Konzert für den Komponisten bot sich förmlich an: Es hat sich dabei gefunden, was innig miteinander harmoniert. Vorbilder und Weggefährten säumen den Programmpfad des Jubilars.

Von Erhard Petzel

Die Vertonung des ersten und letzten Gesangs aus Jacobo da Lentinis „La simila pintura…“ für 5 Vokalstimmen, Akkordeon und 2 Schlagwerker von 2008 eröffnete den Abend. Das Liebesgeseufze des mittelalterlichen Protagonisten der Sizilianischen Dichterschule mit seiner geografischen und bildlichen Metaphorik bietet Herbert Grassl Gelegenheit für große Ensembleoper mit akribisch und lustvoll ausgewälzter Klangmetaphorik. Genüsslich suhlt sich das Ensemble in dieser vertrackten und dabei fordernden Künst

 

lichkeit der Gesten. Ein erhörter Vorteil, dass das Vokalensemble der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft ein jahrelang eingespieltes Team stellt, das sich unter Oscar Jockels Dirigat mit den Instrumentalisten bestens versteht.

Als Vertreterin der Folgegeneration stand ein Werk der Komponistin Manuela Kerer, wie Grassl aus Südtirol stammend, auf Programm. „Air des souffleuses“ für Flöte und Klarinette der sprechende Titel des kurzen Stücks. Während Irmgard Messin ihr Instrument beatmet, steuert Theodor Burkali Klapper-Ereignisse bei, bis nach wenigen Tonleitersegmenten von hinten und vorne gestisch geatmet, geflüstert und getönt wird.

Elf Jahre vor Kerers Geburt entstand das „Klavierstück 1969“ des leider heuer verstorbenen Andor Losonczy. Nora Skuta hechtete sich durch das virtuose Gefüge, das immer noch frisch und witzig wirkt.

Dass auch ihm Schabernack im Duo nicht fremd ist, zeigte Herbert Grassl bei seinem Porträt-Konzert am Freitag (27.4.) bei den Aspekten im Solitär, mit „Spielräume für Flügelhorn mit Echostimme“. Während Hannes Moritz auf der Bühne seine häufig als verfremdete Fanfaren gehaltenen Einheiten exekutiert, verlängert und kanonisiert im Hintergrund Christian Simeth mit gedämpfter Trompete.

Den Abschluss bildete „5 incontri für Akkordeon und Streichquartett“. Ein Akkordeon-Quintett durchaus im klassischen Sinn mit fünf einander geschmackvoll folgenden und ergänzenden Sätzen unterschiedlichen Charakters. Karin Küstner diesmal also mehrmals im Einsatz, Grassl scheint dem Akkordeon herzlich zugetan.

 

Lieder von Anton Webern und Herbert Grassl standen im Zentrum des Abends. Textgrundlage der Lieder sind jeweils Gedichte von Rainer Maria Rilke. Das Instrumental-Ensemble spielt in beiden Fällen in der „Webern-Besetzung“: Ist eine Zusammensetzung aus Streichertrio, Bläsertrio, Celesta und Harfe bei Anton Webern neuartig und richtungsweisend, referiert Grassl auf einen Kompositionshintergrund, dem in seiner eigenen Ausbildung noch nicht das gebührende Augenmerk beschieden war. Spannend, die Auseinandersetzung mit einem Ahnherrn der Moderne im direkten Vergleich. Bei aller mentalen Verwandtschaft sind die Ergebnisse unterschiedlich.

Anna Elisabeth Hampel führt ihren Sopran in Weberns „Zwei Lieder op. 8“ prominent in den Raum, die Instrumente unterstützen und unterstreichen ihre Linie. Schon die Wahl dreier wesentlich umfangreicherer Liedtexte verhindert für Grassl die Miniatur Weberns. Dazu wird bei ihm die Rolle der Instrumente anders gewichtet. Bernadette Furch darf die volle dynamische Bandbreite ihres dunklen Alts ins Geschehen werfen, um ihre Dominanz in einem Konzert mit Partnern, die auf Augenhöhe mitmischen, im gegenseitigen Geben und Nehmen feinnervig auszutarieren. Die sensible Kunst Rilkes spiegelt sich in Haltung und Gestus im interessanten Vergleich zur eingangs gespielten Vertonung Jacobo da Lentinis. Kai Röhrig führte als Einspringer für Adrian Sit die vereinten Ensembles sicher durch die Seelengründe. Reicher Applaus nach einem delikat arrangierten Abend zu einem würdigen Anlass.

Bilder: Aspekte / Kirchner

 

 

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