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Romantik, neu und alt

MOZARTEUMORCHESTER / PETER RUZICKA

27/04/18 Als Dirigent ist Peter Ruzicka, ehemals Festspielintendant, seit dem Promotion-Konzert zum Haus für Mozart in Salzburg kein Unbekannter mehr. Am Donnerstag (26. 4.) präsentierte er sich vorerst in eigener Sache als Komponist. Danach stand er im Großen Saal des Mozarteums der Organistin Iveta Apkalna als Begleiter zur Seite.

Von Horst Reischenböck

Friedrich Hölderlin diente im vorigen Jahrhundert manchen Komponisten zur Inspiration. So Peter Ruzicka, als er die Musik für 22 Streicher – um einen weniger als Richard Strauss in seinen Metamorphosen – „... Ins Offene ...“ betitelte. Nun erlebte sie ihre Erstaufführung, unter Ruzickas Stabführung und solcherart authentischer kaum denkbar. Die Formation als Kammerorchester heißt einzeln solistisch agieren und provoziert in kaum einer Viertelstunde ein Wechselbad an Gefühlen. Der abrupte Einstieg suggeriert gleichsam einen Stich in ein Wespennest. Die ersten fünf Minuten oszillieren von kleingliedrigen, virtuos auszuführenden Melodiefetzen. Ihnen werden erst zögerlich langgezogen liegende Töne beigemischt. Nach einer Generalpause beruhigt sich dann das Geschehen und führt in eine fast romantisierend ruhevolle, transzendente Aura über. Das haben alle Beteiligten im Mozarteumorchester leidenschaftlich nachvollzogen.

In geringfügig erweiterter Besetzung erwarteten danach die Streicher samt Paukisten die überrumpelnden Akkorde des vollen Plenos aus Händen von Iveta Apkalna. Mit solcher Macht heißt Francis Poulenc sein Orgelkonzert in g-Moll FP 93 beginnen. Die junge lettische Star-Organistin wurde schon 2002 mit dem renommierten Bach-Preis ausgezeichnet. Weltweit bekannt wurde sie durch die im Fernsehen übertragene Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie. Iveta Apkalna stürzte sich an der dafür ideale Bedingungen anbietenden Propter-Homines-Orgel voll in die Tasten und provozierte zunächst bewusst, entsprechend der Vorgabe, Assoziationen an barocke Pracht und vollmundige Klangfülle. Im Dialog mit dem Orchester registrierte sie dann fein differenziert abgemischt ziseliert romantische Töne. Sie ließ auch zuletzt Poulencs typisch gallischem Esprit und Humor vollen Lauf. Peter Ruzicka assistierte entsprechend liebevoll. Begeistert bedankt dokumentierte Iveta Apkalna ihr Können wirkungsvoll mit der technisch fordernden Toccata über den Choral „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ ihres 1951 geborenen Landsmanns Aivars Kalējs.

Nach der Pause trat dann das ganze Mozarteumorchester an, für Robert Schumanns Vierte Symphonie. Dass sie diese Nummer trägt, daran ist der Verleger schuld: Er riet dem Komponisten von der Veröffentlichung der eigentlich „Zweiten“ mit dem Argument ab, sie wäre ob ihrer Ähnlichkeit zur „Ersten“ in so kurzem Abstand nicht wirkungsvoll genug. Diese Urfassung (der Johannes Brahms, sehr zum Ärgernis von Schumanns Witwe Clara, den Vorzug gab) formte Schumann dann zehn Jahre später zur Nr. 4 in d-Moll op. 120. Er verdickte aber auch den Orchesterklang, was ihm den Ruf einbrachte, er verstünde nicht recht zu instrumentieren. Dem wollte später Gustav Mahler durch Retuschen abhelfen.

Alles nicht nötig, wenn, wie im konkreten Fall, von der Besetzung her die rechte Balance innerhalb eines Klangkörpers gegeben ist. Ausgewogenheit eben zwischen einem nicht zu groß dimensionierten Corpus an Streichern, aus denen Konzertmeister Frank Stadler und Cellist Marcus Pouget solistische Episoden zugewiesen waren, und formidabel abgemischt die Holzbläser dahinter mit strahlendem Blech daneben. Peter Ruzicka beschwor mit ihnen eine zu jedem Moment in sich stimmig ideal romantische Deutung.

Bilder: www.apkalna.com / Andrejs Vasjukevičš (1); www.peter-ruzicka.de (1)

 

 

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