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Hüte dich, sei wach und munter!

UNI MOZARTEUM / BAROCKNACHT

23/04/18 Wann beginnt und wann endet das Barockzeitalter? Wenn man den weiten Programmbogen der „Barocknacht“ am Freitag (20.4.) her nimmt, dann scheint der Barock schon mit dem Codex Chantilly (Ende 14. Jahrhundert) eingesetzt und bis zu Toru Takemitsu (der japanische Komponist starb 1996) gedauert zu haben.

Von Reinhard Kriechbaum

Doch man darf nicht Harre spalten, weil gerade diese Vielfalt in den fünf Programmblöcken des langen Konzertabends ja eine durch und durch positive Entwicklung spiegelt: In der historischen Aufführungspraxis geht es schon längst nicht nur um Renaissance und Barock. Dies spiegelt natürlich auch das Lehrangebot im Institut für Alte Musik an der Universität Mozarteum, für das die Barocknacht so etwas wie die jährliche Leistungsschau darstellt. Nur gut und richtig also, dass man dem authentischen Klang auch anderer Epochen nachspürt.

Längst hat die Originalklangbewegung auch aufs 19. Jahrhundert hinaus gegriffen. So kam es, dass diesmal auch der Hammerflügel gebührend zu seinem Recht kam. Auf einem Instrument von Conrad Graf spielte einst Beethoven. Jenes, das am Freitag im Großen Studio zum Einsatz kam, ist die Kopie eines Graf-Flügels von 1830. So etwas war also Spiel-Realität beispielsweise für Frédéric Chopin, wenn er auf Konzertreise ging. Wie spannend muss es gewesen sein, als noch nicht jeder Pianist überall auf der Welt mit einem gleichsam klang-normierten Podiums-Steinway rechnen durfte, sondern Künstler sich am jeweiligen Ort sich auf die klanglichen und mechanischen Eigenarten des dort eben gebräuchlichen Hammerflügels einlassen mussten.

Im Solitär haben also Carlos Goikoetxe und Tzu-Yu Yang Chopin-Nocturnes hören lassen und eine Sängerin (Polina Yatsenko) sowie einen Sänger (Jakob Mitterrutzner) durch nachtschattige Gesänge Schuberts begleitet. Wolfgang Brunner (Hammerflügel) und Maria Ladurner (Sopran) brachten dann noch Beispiele aus Schumanns Eichendorff-Liederkreis op.39. Im Lied mit dem Titel „Zwielicht“ heißt es am Ende, melodramatisch gesprochen: „Hüte dich, sei wach und munter!“

Des Aufzählens wäre kein Ende, finge man damit erst an. Ein Vivaldi-Blockflötenkonzert ist im Reich der Dorothee Oberlinger allemal eine sichere Nummer; Solistin war Friederike Kiek, die auch in Stücken von Purcell und Händel in den die Sängerin Maria Ladurner begleitenden Ensembles dabei war. Im zweiten Programmblock war französische und deutsche Musik – tatsächlich Barock! - das Thema. Im dritten Block war ein „Notturno“ für vier Traversflöten von Carl Ditters von Dittersdorf eine besonders liebenswerte Pretiose.

Das Orchesterspiel ist ein wesentlicher Aspekt auch bei der Ausbildung am Institut für Alte Musik. Da hat man diesmal den Mailänder Vanni Moretto als Dirigenten verpflichtet, und er führte durch vorklassische Musik, die ziemlich genau um 1780 entstanden ist – also durchwegs Werke mit hohem Sturm-und-Drang-Pegel. Niccolo Zingarelli, wenige Jahre vor Mozart geboren und noch jünger als dieser 1783 gestorben, war ein solcher Hitzkopf. Zu dieser Zeit experimentierten aber auch Joseph Haydn und Joseph Martin Kraus (1756-1792, also fast aufs Jahr ein Mozart-Zeitgenosse) mit Affektmalerei jeder Art. Da passte auch gut Luigi Boccherinis lautmalerische „Musica notturna delle strade die Madrid“ hinein.

Bilanz: Die Studierenden werden am Mozarteum in Sachen historischer Aufführungspraxis vielfältig gefordert. Und wie man an dem Abend bestätigt bekam, spielt sich das auch technisch auf dem unterdessen international erforderlichen Niveau ab.

Bilder: Universität Mozarteum

 

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