Der Ring fällt in den Brunnen bis er Ehen bricht
CAMERATA SALZBURG / SEBASTIAN BREUNINGER
12/03/18 Die Camerata Salzburg weiß, dass sie ihrem Publikum anspruchsvolle Kost zumuten darf. Im dritten Abonnementkonzert ging unter der Leitung von Konzertmeister Sebastian Breuninger symbolistisch zu. Anna Prohaska und Johannes Hinterholzer begeisterten als Solisten.
Von Horst Reischenböck
Eine übergeordnete Idee, die den vier Kompositionen Freitag (9.3.) im Großen Saal des Mozarteums zugrunde lag, entschlüsselte sich nicht auf Anhieb. Tiefer schürfendes Nachdenken förderte dennoch Verbindendes zu Tage. Um das Jahr 1898 schuf Gabriel Fauré seine Bühnenmusik für eine Londoner Produktion von Maurice Maeterlincks „Pelléas et Mélisande“. Kurz darauf animierte das symbolistische Drama Claude Debussy zum gleichnamigen 1902 uraufgeführten Drame lyrique. Nach vorerst ähnlichem Opern-Versuch arbeitete Arnold Schönberg seine Skizzen 1903 in eine Tondichtung um - und Jean Sibelius schuf ein Jahr später für Helsinki eine weitere Schauspielmusik. Und schon sind wir bei der Camerata und in Salzburg angekommen: Jean Sibelius „Pelléas et Mélisande“. Orchestersuite zum Schauspiel von Maurice Maeterlinck eröffnete das Programm.
Die neun Sätze der Suite op. 46, in unseren Konzertsälen so gut wie unbekannt, wurden von der Camerata unter der Leitung von Sebastian Breuninger zu wirkungsvoll blühendem Leben erweckt. Ausgezeichnet 1999 beim Internationalen Mozart-Wettbewerb wechselte er vom Deutschen Symphonieorchester Berlin als Konzertmeister nach Leipzig zum Gewandhausorchester und wirkte in dieser Funktion auch beim Festival Orchester in Luzern. Vehement bestimmte Breuninger als Primus inter pares die satt tönende Streicherriege der Camerata mit engagierter Bogenführung. Jörg Schneider verströmte darüber eindrucksvoll sein Englischhorn.
Benjamin Britten wurde zwei Jahre vor seinem Tod in Finnland der Wikuri-Sibelius-Preis verliehen. Seinen Liederzyklus „Les Illuminations“ “ für hohe Stimme und Streichorchester op. 18 nach Texten von Arthur Rimbaud begann er noch in der Heimat vor seiner kriegsbedingten Emigration in die USA. Die ebenfalls neun Vertonungen von Texten des ihm wesensmäßig nahestehenden Franzosen Arthur Rimbaud, verbunden durch eine dreimalige „Parade“, wurden Brittens erster durchschlagender Erfolg. Gedacht für Sopran, wurde der Zyklus aber auch von Brittens „Lebensmenschen“, dem Tenor Peter Pears gesungen. Kunstvoll aufgesplittert ist der reine Streichersatz ähnlich einer Reihe von Brittens früheren Kompositionen.
Lustvoll trug die Camerata die Gesangssolistin Anna Prohaska, durch ihre Festspiel-Auftritte in den Da Ponte-Opern längst bekannt. Neben jüngsten Ausflügen ins Barock-Repertoire bewies sie am Freitag (9.3.) im Großen Saal des Mozarteums einmal mehr, wie sattelfest und viril sie auch den differenziert gestellten modernen Anforderungen an „eine hohe Stimme“ gerecht wird. Arnold Schönbergs „Litanei“ und „Entrückung“ nach Texten von Stefan George aus dem Streichquartett Nr. 2 fis-Moll op. 10 erklang dann in der süffigen Fassung für Sopran und Streichorchester vom Komponisten persönlich: Anna Prohaska stellte sich dazu hinter das Orchester, fügte ihre wandelbare Stimme linear mit intensiver Wortdeutung ins Geflecht.
Damit der Abend nicht pessimistisch auslief, folgte mit dem Hornsolisten Johannes Hinterholzer das Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 11 vom Richard StraussNach kraftvoll leidenschaftlichem Einstieg in die erste Fanfare betörte er differenziert und zart in der Kantilene des Andante, wirbelte förmlich im finalen Rondo durch die ihm darin gestellt virtuosen Anforderungen und gab sich in der Zugabe noch den Lyrismen von Aleksandr Glazunows „Idylle“ hin.
Bilder: www.ks-gasteig.de/Harald Hoffmann (1); www.camerata.at