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Happy End mit Schattenspiel

OENM / KALITZKE / SCHATTEN         

13/03/18 Der Mann (Fritz Kortner) misstraut der Frau (Ruth Weyher) und findet sich bestätigt durch den Besuch eines jungen Galans und gleich dreier Kavaliere. Ein Schausteller unterhält die Gesellschaft mit einem Schattenspiel. Es beginnt, was ein Zwischentitel im Stummfilm „Schatten“ aus 1923 ankündigt... „Eine nächtliche Halluzination“ ist auch der Titel von Johannes Kalitzkes Filmmusik aus 2016.

Von Erhard Petzel

Etliche herausragende Exponate des expressionistischen Stummfilms sind dank der akribischen Arbeit der Murnau-Stiftung in hervorragender Qualität verfügbar und können ihre Wirkung auf uns heute entfalten. Das gestische Stummfilm-Pathos erzeugt befremdende Distanz, die Brechung von Wahrnehmung wird zum Stilelement. Das ist in Arthur Robisons Stummfilm „Schatten.Eine nächtliche Halluzination“ aus 1923 besonders ausgeprägt, wodurch das Meisterwerk immer noch fesselt.

Schon der Vorspann fordert Aufmerksamkeit. Vor der Kulisse einer Bühne mit Souffleur-Muschel wachsen die Personen des Films heraus aus Schatten, Schattenbildern und Schnitten So werden sie vorgestellt, mit Hand- und Fingerwischen beseitigt.

Das „Bühnenbild“ von Albin Grau führt in eine eklektizistische Rosenkavaliers-Szene. Schatten - hinter Vorhängen, auf Wände geworfen oder als Folge von Licht, das auf trügerische Weise erhellt - Schatten vertiefen die Erzählung oder führen in die Irre, indem sie vorgauklen, was sein könnte. Der Mann zwingt die Kavaliere, die mit dem Liebhaber ertappte Frau zu erstechen und wird von diesen dafür aus dem Fenster geworfen.Oder doch nicht? Der Schausteller als Hypnotiseur? Das Spiel führt zu kathartischer Klärung und Happy End. Oder doch nicht?

 Zum besonderen Erlebnis wurde die Österreichische Erstaufführung zum Film am Samstag (10.3.) im Solitär durch das Österreichische Ensemble für Neue Musik durch expressive Übersteigerung.

Wie der Schatten im Film unterstreicht die Musik die Vorgänge, konterkariert oder persifliert sie. Ihre reichen Farben werden in die Licht- und Schattenabstufungen des Schwarzweiß-Films hineingedacht und wirken in die mentale Tiefenstruktur ohne sentimentale Anbiederung.

Johannes Kalitzke sagt über seine Musik, dass sie innerhalb weniger Elemente kreise, vergleichbar mit einem Karussell den Volten der Handlung entsprechend.

Wenn Kalitzke etwa eine Strohgeige (bei der der Klang auf eine Membran in einem Trichter übertragen wird) verlangt, stellt sich automatisch eine ironische Assoziation mit dem Blechklang eines Grammophon-Trichters ein, ohne dass die emotionelle Unterstützung der Szene darunter zu leiden hätte.

Wie heißt es in der Einführung; „So spektakulär Robisons Bildsprache auch heute noch ist, Kalitzkes Musik illustriert das filmische Geschehen nie direkt. Sie doppelt nicht das ohnehin Sichtbare, sondern spürt vielmehr den verborgenen Konflikten und Konstellationen nach, die die Handlung vorantreiben. Wo der Film Trugbilder wirft, bringt die Musik die verdrängten Wünsche der Protagonisten ans Licht. Und auf das scheinbar glückliche Ende fällt aus der Distanz ein langer, düsterer Schatten. Glück und Unglück – alles nur „Eine nächtliche Halluzination“? Nicht umsonst lautet der Untertitel „Musikalischer Irrgarten zum gleichnamigen Stummfilm von Arthur Robison (1923) für zehn Instrumente“.

Bilder: Filmmuseum Berlin; Deutsche Kinemathek; Holger Jung

 

 

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