Schmerzerfüllte Schattenfarbe, geschliffene Eleganz
MOZARTEUMORCHESTER / CARYDIS
24/11/17 Mit fulminanter Rasanz ließ der Dirigent Constantinos Carydis Mozarts C-Dur Symphonie KV338 aufrauschen und zum Ereignis werden, aufgemischt vom blechlastigen Schmettern der Naturhörner und Trompeten. Mozarts letzte in Salzburg komponierte Symphonie markiert nach der mit unerfüllten Hoffnungen belasteten Rückkehr aus Paris und Mannheim – den Aufbruch nach Wien.
Von Elisabeth Aumiller
Das Mozarteumorchester begeisterte bei seinem zweiten Donnerstagskonzert (23.11.) mit einem reinen Mozartprogramm unter der exzeptionellen Leitung von Constantinos Carydis. Die bejubelten Solisten waren Arabella Steinbacher und Nils Mönkemeyer.
Carydis liebt große Kontraste, in Sachen Tempi ebenso wie in Forte-Piano-Dynamik. Die Allegrosätze formte er zu dramatisch aufgeladener Klangfülle in spannender Brillanz und ersetzte die eingangs feurige Gangart dann im Andante mit filigraner Subtilität, Zartheit und Detailgenauigkeit. Die Musiker folgten seinen Intentionen mit ebenso konzentriertem wie freudigem Einsatz und ließen spüren, dass sie seine Werkauffassung anspornte, aufrüttelte und zum besonderen Ergebnis motivierte.
In der Sinfonia concertante Es-Dur KV 364 waren die beiden international erfolgreichen Starsolisten, die Geigerin Arabella Steinbacher und der Bratscher Nils Mönkemeyer die zentralen Gestalten. Sie ließen die Schönheit und Empfindungstiefe dieser herrlichen Musik funkelnd schimmern. Zusammen mit der geschliffenen Orchesterqualität machten sie diese einzigartige Kombination aus sinfonischen Elementen und konzertierenden Streichersolisten in ihrer Themenvielfalt und dem melodischen Reichtum zu einem fantastischen Klangfest.
Mit entschlossener Spannung und Eleganz der Tongebung schälten sich Violine und Bratsche aus den Akkorden des Orchestervorspiels heraus, um als die wechselweise dialogisierenden Hauptakteure kantable Linien und feinsinnige Tonfarben in rhythmischer Prägnanz zu formen. Die Vorgabe der etwas höher zu stimmenden Bratsche belässt der Geige ihre Höhenbrillanz, verhilft aber im Zusammenspiel zu verschmelzender Klangharmonie, von Steinbacher und Mönkemeyer exemplarisch ausgeführt. In der von Mozart auskomponierten Kadenz paarten sich Geige und Bratsche mit Eleganz und Sensibilität auf reizvolle Weise.
Den nach Moll wechselnden Andantesatz formten Steinbacher und Mönkemeyer zum kostbaren Juwel und bezauberten in zart melancholisch sinnierender Innigkeit. Das gute Miteinander mit dem Orchester, das seinerseits zwischen Violinen, Bratschen und Bläsern eine launige Unterhaltung führte, brachte bereichernde Nuancen und Steigerungen.
Danach g-Moll Symphonie KV 550 in der Fassung mit Klarinetten: Carydis war als Meister der Extreme am Werk und ging flugs daran, alte Hörgewohnheiten zu knacken.Herrührend von der Sichtweise des 19. Jahrhunderts wurde die populärste Mozartsymphonie oft als leichtfüßig dahineilendes Werk missverstanden. Aber es gilt, die Tiefendimension der schmerzerfüllten Schattenfarbe und geheimnisvollen Trauerstimmung hinter der Eleganz des melodischen Flusses auszuloten. Die angedeutete Schwermütigkeit versteckt sich auch im Allegro und in der tänzerischen Rhythmik nicht.
Carydis stimmte im ersten Satz ein derart pressiertes Tempo an, dass der geheimnisvolle Zauber der von den tiefen Streichern intonierten Eingangsmotivik auf der Strecke blieb. Mozarts zukunftsweisende Akkordik, Dissonanzen und Klangverflechtungen damaliger tonaler Grenzbereiche erhielten prickelnde Dichte, aber die transparente Durchhörbarkeit ging im raschen Tempo schnell unter. Der musikalische Fluss wirkte hektisch, hart und aufgescheucht. Gewiss, so kann Mozart auch klingen. Aber es ist gewöhnungsbedürftig. Mozarts Verwendung der g-Moll-Tonart, etwa in den Arien der Konstanze und Pamina oder in der Kammermusik, hat immer die Aura des Besonderen, des menschlich Tiefgründigen, des Berührens seelischer Schwingungsbereiche. Solche Moll-Charakteristik schien hier anderen Farben gewichen zu sein. Im langsamen Teil jedoch durften Melodik und Zartheit feinsinnige Tiefen berühren und die Soli von Klarinette und Flöte wunderbar blühen.
Bilder: dpk-aumiller