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Brummbeere? Kein Kommentar?

DIALOGE / IM PORTRÄT / MIROLSAV SRNKA

23/11/17 „Gletscher und Eis, gefrierender Nebel, Frost und Tauwetter oder Vogelschwärme, deren Formationen wie durch Zauberhand am Himmel entstehen.“ So umschreibt Stiftungsleiterin Maren Hofmeister die Werke des jungen tschechische Komponisten Miroslav Srnka. Er steht – zusammen mit Mozart, Janácek und Dvorák – im Zentrum der Dialoge von 30. November bis 3. Dezember.

Von Heidemarie Klabacher

„‚Ich gehe heute Abend ins Konzert‘, sagte ich einmal zu meiner Tochter. ‚Was für ein Konzert?‘ ‚Zeitgenössische Musik.‘ ‚Ach so, dieses ra-ta-huu-da-daahprrr-tatata-ffff‘ antwortete sie, begleitet von wilden, absichtlich unkoordinierten Bewegungen.“ Dieser spezielle Familienmoment habe lange in ihm gearbeitet, sagt der tschechische Komponist Miroslav Srnka: „Bereits ein kleines Kind ahmt zeitgenössische Musik als etwas Diskontinuierliches, Zufälliges und Inkohärentes nach. Dies weckte mein Interesse daran, Kontinuität in meiner Musik wieder herzustellen, eine ausgearbeitete Kontinuität, die imstande sein sollte, Komplexität und Schlichtheit zu verbinden.“

„Srnkas Klangwelt ist inspiriert von seinem Faible für eindrucksvolle Naturphänomene.“ Seine Werke werden bei den Dialogen mit seinen Leoš Janácek und Antonín Dvorák in Beziehung gesetzt, die auf den jungen Nachfolger von großer Bedeutung sind. „Sein facettenreicher Kosmos trifft bei den Dialogen auf Klassik, zeitgenössische, moderne elektronische Musik, Film, Installation und Kabarett“, schildert Maren Hofmeister das Konzept. „Künstlerinnen, Künstler und Ensembles aus unter schiedlichen Bereichen sorgen für packende Begegnungen, spannungsreiche, oft unkonventionelle Programme übersetzen Natur und Land schaften in Klänge und verknüpfen genreübergreifend die Musik von gestern mit der von heute.“ Auch diesmal werde sich die Stiftung Mozarteum während der vier Festivaltage mit Lichtinstallationen und einer Festivallounge präsentieren. Neu ist ein Punschstand für den Welcome-Drink vor dem Haus.

Und Miroslav Srnka? Der möchte über seine eigenen Werke am liebsten gar nicht reden. Dass er sich doch immer wieder breitschlagen lässt, und Kommentare zu seinen Stücken abliefert, sei eine Inkonsequenz, über die er sich ärgert: „Immer wieder möchte ich vollständig auf Kommentare - und sogar auf alle Medienauftritte - verzichten und immer wieder breche ich diese Regel. Ihn störe, so Srnka, der Eindruck, dass „die Texte manchmal den Zuhörern die Betrachtungsweise beibringen wollten, die sie eigentlich durch die angemessene Konzertform bekommen sollte“. Meint wohl: Das Wort des Komponisten soll vermitteln, was die Musik oder die Interpretation nicht schafft. Wie oft ärgert man sich ja tatsächlich als Konzertgänger über wortreiche und inhaltsleer „Einführungen“ – die aber dann doch meist von irgendwelchen Musikwissenschaftlern und nicht von Komponisten verzapft wurden. Wie auch immer, geben wir dem jungen Tschechen recht: „Die jüngere Komponistengeneration entzieht sich immer mehr dieser versteinerten Form, um eine individuelle Situation herzustellen, die keinen Kommentar nötig hat. Das Erlebnis wird dadurch wieder singulär und unkommentiert.“

Das Problem mit Kommentaren zu eigenen Werken beschäftigt übrigens nicht nur Miroslav Srnka. „Sind Kommentare verbindliche Verstehensanleitung oder überbewertete Privatmeinung?“, fragt im Dialoge-Programmbuch auch Wolfgang Gratzer. „Ich weiß es nicht. Meine eigene Art, die Werkkommentare zu schreiben, habe ich noch nicht gefunden. Ich bin inkonsequent.“ Noch einer.

„Du liebe Paprikabohne, Du alte Kichererbse, Du alter Kullerpfirsich, Du lieber Hühnerprinz, Du alter Froschkönig, Batman, Mauseloch, Ananasbirne, Radieschenfloh, Kartoffelpuffer, Mohrrübenzwiebel, Brummbeere…“ So fangen einige Postkarten an, die der Dichter Jurek Becker (1937–1997) ab 1992 an seinen jüngsten Sohn Jonathan geschrieben hat. Miroslav Srnka hat daraus dreizehn Lieder gemacht, die beim „Postkartenkonzert“ der Dialoge erklingen werden.

Dialoge – 30. November bis 3. Dezember – www.mozarteum.at 
Bilder: ISM/Dialoge Programmbuch


 

 

 

 

 

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