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Mozart und Barmusik, die keine ist

CAMERATA SALZBURG / RENAUD CAPUÇON

13/11/17 Was für eine Idee: Drei Mozart-Violinkonzerte zu spielen und einem jeden eine „Gymnopédie“ von Eric Satie voraus zu schicken. Musik von Parnass also unmittelbar zu konterkarieren mit Tönen, die etwas von schmuddeliger Barmusik an sich haben...

Von Reinhard Kriechbaum

Im jüngsten Abonnementkonzert der Camerata (10.12.11) im Großen Saal des Mozarteums durfte man drei Gymnopédies (aus dem Jahr 1888) gleichsam in der hochveredelten Art hören. Ertic Satie, der zu einer musikalischen Stimme der Dadaisten werden sollte, hat diese unprätentiösen Miniaturen in einer Zeit geschrieben, in die wir uns so leicht nicht hinein versetzen können. Damals waren im deutschsprachigen Raum Wagner und Brahms angesagt, bei den Franzosen Camille Saint-Saëns und dergleichen orchestrale Üppigkeiten. Und da kam Satie, der Barpianist, schrieb unprätentiöse Tanzmelodien auf die immer gleiche Bassfigur. Auch weil diese Tanzmelodien melancholisch, wenn nicht todtraurig anmuten, klingen die drei Stücke im Grunde fast gleich – es sei denn, man legt sie so souverän zwielichtig an wie die Camerata mit ihrem Konzertmeister Gregory Ahss: ganz ohne süffiges Vibrato, trotzdem schwebend und duftig, zurückhaltend und absolut unverkitscht. Da macht es schon kleine Unterschiede, ob „douloureux“, „triste“ oder „grave“ drüber steht. Von dem Peruaner Patricio Cueto stammt die Übertragung für Streichorchester.

Jeweils ohne Pause ging's hinein in die Mozart-Konzerte (B-Dur KV 207, G-Dur KV 216 und A-Dur KV 219): Deren Eröffnungssätze wirken nach den zu Übermut keinen Anlass gebenden, vielsagenden Grau-Werten der Satie-Aphorismen wie überdrehte Unterhaltungsmusik. Da spielt das Leben! Das hat mit Mozart zu tun, lag in diesem Konzert aber ganz besonders auch am lebefrischen Teamgeist, mit dem Renaud Capuçon und die Camerata entschieden vorwärts strebten. Renaud Capuçon weiß seine Guarneri-Violine – „Panette“ wurde 1737 gebaut und gehörte einst Isaac Stern – in jeder Tonlage und vor allem in jeder Stimmungslage verführerisch singen zu lassen. Irgendwie gelingt es ihm, auch in den motorisch orientierten Sätzen lyrische Seitengedanken akkurat heraus zu zeichnen, ohne dass die Tempi gebremst würden. Fast unglaublich, wo man überall rabiat antauchen kann, ohne die Delikatesse zu verlieren.

Gregory Ahss und eigentlich alle Orchestermitglieder waren da als Kammermusiker mächtig herausgefordert, sie griffen gerade die motorischen Herausforderungen des Solisten reaktionsschnell auf und lieferten ihrerseits sehr konkrete Anknüpfungspunkte, von denen sich Renaud Capuçon seinerseits merklich anstacheln oder auch verführen ließ. Das war also bester Camerata-Teamgeist, befruchtet von einem Erzmusikanten – und diesen befruchtend. Mit Capucon war das Orchester ja die Tage zuvor auf Frankreich-Tournee. Viel Gelegenheit also, dieses quicklebendige Geben und Nehmen zu perfektionieren. In den Salzburger Konzerten (wir hörten's am Freitag) waren Originalität wie Gelöstheit kaum zu überbieten. Eine Mini-Kadenz, und schon war der Alla-Turca-Furor im Rondo des A-Dur-Konzerts hinübergeführt in einen verspielten Rokoko-Ton. Da saß einfach alles.

Im Dezember fährt die Camerata mit Pinchas Zukerman auf Tournee, nach Istanbul, Budapest, Köln, Ferrara und Treviso. Zu Silvester/Neujahr gibt es die obligatorischen Konzerte im großen Saal des Mozarteums – www.camerata.at
Bild: www.renaudcapucon.com / Darmigny

 

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