asdf
 

Ein ZeitachsenOrganon

HINTERGRUND / KLANGRAUM KOLLEGIENKIRCHE

21/06/17 Der Salzburger Komponist und Experimental-Elektroniker Werner Raditschnig ist dann in seinem Element, wenn es gilt, Räumen ihr Klangcharisma zu entlocken – oder eben mit ungewöhnlichen Mitteln dafür zu sorgen, dass sich ureigene Klang-Optionen einer bestimmten Umgebung auftun.

Von Reinhard Kriechbaum

In einem neuen, hauptsächlich von ihm verantworteten Projekt geht es um die Kollegienkirche: Sie ist ja so gut wie fertig restauriert. Die Heiligenfiguren, die gerade in Arbeit sind, sind quasi der Tupfen auf dem „I“. Also per se ein höchst attraktiver Ort. Als Universitätspfarre ist sie zudem ein Raum, wo Kunst welcher Art auch immer nicht unmittelbar am kirchlichen Alltagsbetrieb aneckt.

Und schließlich ist die in jeder Hinsicht überwältigende Architektur Fischers von Erlach eine Herausforderung in besonderem Maß. Neue Kunst muss schon etwas zu bieten haben, will sie nicht „gefressen“ werden in diesen Dimensionen. Die Holzskulpturen von David Nash, die als diesjähriges Kunstprojekt der Salzburg Foundation hier gerade aufgestellt sind, sind ein gutes Beispiel. Ein starker Widerpart zum allgegenwärtigen Hochbarock, dem aber – und das ist das eigentlich diese Kirche Auszeichnende – gar nichts Drückend-Schweres anlastet.

Ein neues Projekt „Klangraum Kollegienkirche“ also. Unter der Leitung des Komponisten und Klangkünstlers Werner Raditschnig (Jahrgang 1948) wird diese Reihe im Team mit dem Theologen Christian Wallisch-Breitsching (Pastoralassistent in der Hochschulpfarre) und mit Hans-Josef Knaust als Organisten und künstlerischem Berater entwickelt. In unregelmäßigen Abständen sollen die Konzerte stattfinden, das erste morgen Donnerstag (22.6.), ein zweites heuer am 6. Oktober.

Es gehe um die Suche nach „Klangprozessen und Klangaktionen mittels Klangerzeugern, Elektronik, Stimme und Einzelinstrumenten, welche auf die Kubatur der Kirche konzertant-installativ reagieren, sowie die Spezifika der Orgel ausloten“, so Raditschnig auf seiner Website. Eingeladen werden Künstlerinnen und Künstler, „die dem Bereich neue Komposition, Klangkunst und Improvisation zuzurechnen sind, mit ihrer Ästhetik und Formensprache den Fokus auf Raum, Zeit und Transformation den Dialog mit der romantischen Mauracher-Orgel aufnehmen.“

Die Orgel der Kollegienkirche zählt mit den Instrumenten der Piaristenkirche und Votivkirche in Wien zu den bedeutendsten romantischen Orgeln Österreichs und ist somit ein Kulturerbe von nationalem Rang. Die Orgel mit 34 Registern wurde in den Jahren 1866 bis 1868 von Orgelmacher Matthäus Mauracher I. als mechanische Schleifladenorgel erbaut. 1982 wurde sie restauriert, aber sie spielt bei weitem nicht jene Rolle in der Salzburger Orgellandschaft, die ihr eigentlich zukäme. Bruckner hat übrigens in jener Zeit drauf improvisiert, da er gerne Chef der Dommusik und des Mozarteums geworden wäre, was ihm aber nicht gelungen ist.

„Die Klangschönheit und die Flexibilität der Orgel, insbesondere bei avantgardistischer Musik“, habe sich schon bei einer Veranstaltung im vergangenen Herbst erwiesen, so die Projektbetreiber. Den Titel „ZeitachsenOrganum“ wählt man jetzt für die Konzerte, das heißt: Als Einleitung soll immer ein passendes Werk der Vergangenheit zur jeweiligen Uraufführung stehen. Man denkt an „Minimalbesetzungen von zwei bis drei Personen“, es sollen keine Ensembles eingeladen werden. Die Ton-Schaffenden sollen also „auf die Kubatur der Kirche installativ reagieren, sowie die Spezifika der Orgel ausloten“. Darüber hinaus ergeben sich aus Sicht der Projektbetreiber drei mögliche Schwerpunkte: „Die Musik der klassischen Moderne, die Form- und Klangfarbenexplosionen der 1960iger und 1970iger Jahre sowie die aktuellen Antworten und Fragen der Jetztzeit.

Morgen Donnerstag (22.6.) sind die Sopranistin Aleksandra Zamojska, Hans Josef Knaust (Orgel) und die Live-Elektroniker Marek Kopelent und Werner Raditschnig am Werk. Der Komponist Marek Kopelent ist ehemaliger Leiter des Ensembles „Musica Viva Pragensis“. Orgel und Computer, sowie Stimme und Computer, „als Spiegel und Echo“, heißt es in der Vorankündigung. Am 6.10. nimmt Klaus Fessmann mit seinen Klangsteinen den Dialog mit der Mauracher-Orgel auf.

Klangraum Kollegienkirche – ZeitachsenOrganum 1: Donnerstag, 22.6., 21 Uhr, Kollegienkirche – www.raditschnig.com; www.khg-salzburg.at
Bilder: Werner Raditschnig (1); dpk-klaba (2)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014