Auf romantischen Pfaden
MOZARTEUMORCHESTER / JAMES GAFFIGAN
12/05/17 Sechs Donnerstagkonzerte boten diese Saison den Abonnenten die Begegnung mit einem halben Dutzend Dirigenten. Als letzter Gast debütierte nun der 38-jährige James Gaffigan: Er beflügelte das Mozarteumorchester mit den Dioskuren Dvořák und Brahms.
Von Horst Reischenböck
Mit Altmeister Charles Ives brachte der gebürtige US-Amerikaner zunächst auch eine persönlich gefärbte Visitenkarte aus seiner Heimat ins Spiel. Immer noch unterschwellig zwar „modern“ klingend, verbreitete „The Unanswered Question“ in seiner Interpretation dennoch irgendwie auch romantisch gefärbte Stimmung. Nur das Flötenquartett war auf leicht abgedunkeltem Podium postiert, die ihm unterlegten langgezogenen Streicherakkorde ertönten durch geöffnete Saaltüre quasi aus dem Nichts hinter der Bühne und die mehrfach zu wiederholenden, fünf fragenden Töne blies der Trompeter vom Gang außerhalb des Parketts.
Danach war echte Romantik programmiert. Zunächst mit Antonín Dvořáks rarem g-Moll-Klavierkonzert op. 33, dem sich – leider – nach wie vor nur wenige Solisten zuwenden. Vielleicht deshalb, weil es im Vergleich Konzerten von Schumann bis Brahms zu sehr sinfonisch befrachtet wirkt. Aber schon Schumann brachte einst seiner Clara zum Ausdruck: „Ich sehe, dass ich nicht imstande bin, ein Konzert für einen Virtuosen zu schreiben. Ich muss an andere Sachen denken.“ Ähnlich gestaltete Dvořák den nahezu fortwährenden Dialog mit dem Orchester, durchaus technisch fordernd. Dennoch ist das Werk spontan eingängig und für Solisten absolut dankbar, auch wenn man auf Retuschen verzichtet, die von fremden Händen vorgenommen wurden, um eben der Wirkung nachzuhelfen.
James Gaffigan, Chef in Luzern, versicherte sich dazu des vier Jahre jüngeren Italo-Schweizers Francesco Piemontesi, der mit diesem Werk schon andernorts brillierte. Nach dem schwermütig dunkel gefärbten Einstieg seitens des Mozarteumorchesters versenkte sich Piemontesi am Steinway nachdenklich in das rhapsodische Geschehen, in dessen Verlauf wenige tänzerische Episoden kaum gedankliche Aufhellung bieten. Auch das elegisch versonnene Andante neigt zu durchaus dramatischen Ausbrüchen, und selbst das quirrlig anhebende Finale muss sich nach glitzernden Passagen erst in mehreren Anläufen einen positiv gefärbten Ausklang erkämpfen. Vom Solisten wie dem Mozarteumorchester wurde das Stück einvernehmlich erstklassig präsentiert.
Nach der Pause dann die ebenfalls selten zu hörende Erste Serenade in D-Dur op. 11 von Johannes Brahms. Wie Manches seiner Jugendwerke hat Brahms sie erst in mehreren Anläufen zur Letztgestalt gebracht. Das ursprüngliche Konzept als Nonett hat der am Landestheater und als Mozarteumsprofessor tätig gewesene argentinische Dirigent Jorge Rotter 1983 rekonstruiert.
Vollmundig instrumentiert, ein Zwitter mit tiefsinnigem Adagio-Nachtstück als dem eigentlich einzigen echt sinfonischem Satz an dritter Stelle, bot diese Serenade quer durch die Reihen allen Mitgliedern des Mozarteumorchesters Gelegenheit, ihr Können ins Rampenlicht zu rücken. Perfekt genutzt hat das von Beginn an der auch im weiteren Verlauf vielfach beschäftigten Solo-Hornist, aber auch von den perfekt austarierten Holzbläsern im bewusst altertümelnden Menuett. Willig folgten die Streicher James Gaffigans instruktiven Gesten, nur von der rechten Parkettseite her geriet das Bratschen-Quartett mitunter ins Hintertreffen.
Bilder: www.cmartists.com / Daniela Kienzler (1); intermusica.co.uk / Benjamin Ealovega (1)