Orchester-Höhenflug, Solisten-Zauber
PHILHARMONIE SALZBURG / TOIBIAS WÖGERER / BENJAMIN SCHMID
23/02/07 Elgar und Benjamin Schmid – da liegt der Gedanke an eine wunderbare Symbiose nicht fern. Im Konzert der Philharmonie Salzburg am Mittwoch (22.2.) im Großen Saal des Mozarteums durften die Zuhörenden sich aus dieser Welt entrücken lassen. Und dann nach Schottland reisen.
Von Christiane Keckeis
Entrückung. Fast eine Stunde „reine unaffektierte Musik“ - wie 1905 der berühmte Wiener Geiger Fritz Kreissler über das Elgar-Konzert sagte. 2017 investiert Benjamin Schmid Kraft und Sein und (natürlich) stupendes Können. Und so gelingt, was gar nicht selbstverständlich ist: Das Publikum im Bann zu halten.
Kaum ein Husten, Schniefen, Bonbonpapiergeraschel, nur eine Ruhe, in der das Fallen der Stecknadel hörbar gewesen wäre. Was tut Schmid? Man könnte ihm unterstellen, dass er zaubert, aber das wäre zu kurz gegriffen, auch wenn es immer wieder so herüber kommt. Die höchst bewusste Gestaltung der Elgar'schen Musik macht es aus: die Farben, die Akzente, die Phrasierungen, die überirdischen Töne, ausgeloteten Piani, die kraftvollen Striche... Benjamin Schmid balanciert gekonnt auf der Linie des berührenden Schmelzes, ohne schmalzig zu werden.
Nun ja, und die Virtuosität selbstverständlich macht es auch aus. Aber der Künstler schafft es, sie nicht zum Selbstläufer werden zu lassen, sondern musikalisch so zu integrieren, dass das Virtuosentum nicht nur staunen lässt, sondern auch bewegt, berührt. Besser kann man es kaum machen.
Die Philharmonie Salzburg unter ihrem jungen Gastdirigenten Tobias Wögerer beginnt flächig, etwas undurchsichtig, im ersten Satz holpert das Ineinander von Tutti und Solo gelegentlich, heikle Übergänge werden hörbar. Man hat den Eindruck, sie müssen sich erst zusammenspielen. Mit dem Adagio-Satz ist die Kennenlernphase dann erfolgreich abgeschlossen und es beginnt zu fließen. Wögerer führt seine Musikerinnen und Musiker zu sehr feinen spannungsvollen Piani, schafft gute Balancen und schöne Klangfarben. Besonders gelingen die sensibel-feinsinnigen Stellen, zart und trotzdem dicht. Da scheinen die qualitativen Möglichkeiten des Orchesters auf. In Felix Mendelssohn-Bartholdys dritter Symphonie, der „Schottischen“, bringt Wögerer das Orchester in einer Weise zum Gestalten, wie man es sonst nicht immer selbstverständlich erlebt.
Fein, elegant, fließend, keine Pausen zwischen den Sätzen, transparent und ausbalanciert: Es ist zu hören, dass es eine intensive Auseinandersetzung mit dem Werk gab. Jede Gruppe weiß, wann und wie sie hervor- und zurücktritt. Dynamisch wird die ganze Bandbreite ausgekostet, Steigerungen kommen überzeugend im Fluss. Die achtsam gespielten Unisonostellen verbinden sich zu schönen Linien, die die Zuhörenden mitnehmen. Die Streicher zeigen fein differenzierte Farben beim Ausmalen der schottischen Landschaft. Solistische Auftritte (Klarinette, Horn) oder Duette (Oboe, Flöte) machen Freude. Die Blechbläser spielen kraftvoll und doch kultiviert. Und auch die Leidenschaft, die dem jungen Orchester sonst als Aushängeschild dient, fehlt nicht. Tobias Wögerer steuert und lenkt umsichtig und gibt die nötigen Impulse. Alle Achtung! Entsprechend ist die Freude beim Publikum groß. Jubel.