Alles Vergängliche, es ist ein böser Scherz.
DIALOGE / FILMPROGRAMM
23/11/16 Filmvorführungen in der Mozart Ton- und Filmsammlung der Stiftung Mozarteum gehören wie die Musikdarbietungen seit jeher zum Festival Dialoge. Musik und Film stehen dabei in enger Beziehung. Im Zentrum des diesjährigen Filmprogramms steht die Aufzeichnung von Klaus Michael Grübers Züricher Inszenierung von Ferruccio Busonis„Faust“ aus dem Jahr 2006.
Von Heidemarie Klabacher
Vier Filme stehen bei den Dialogen unter dem Motto „Grenze“ von 30. November bis 4. Dezember auf dem Programm. Auch in den vier Filmen der Reihe gehe es „in unterschiedlicher Ausprägung um das an sich schon ur-faustische Festival-Leitthema der ‚Grenze’“, schreibt Janis El-Bira im Programmbuch.
Ergänzt wird die Aufzeichnung der Busoni Inszenierung von Klaus Michael Grüber - einer „späten Arbeit im Werk des 2008 verstorbenen legendären Theaterregisseurs“ - mit dem Filmporträt von Peter Paul Kainrath „Ferruccio Busoni – Spiegelbilder“.
Vier Mal Grenze also: „Megaloman, als Entgrenzung menschlicher Schaffenskraft bei Ferruccio Busoni und dessen „Doktor Faust“ bei Klaus Michael Grüber. Kontrastierend, als Behauptung gegenüber Tradition und zeitmodischem Konsens in Klaus Voswinckels Film über den Komponisten Wolfgang Rihm. Schließlich auch geographisch, in der unwahrscheinlichen Begegnung zweier freiheitsliebender Habsburger Seelen am anderen Ende der Welt in Ulrike Halmschlagers Film „Saudade – Rendezvous in Brasilien“.
Schaue man die Filme mehr oder minder hintereinander an, so Janis El-Bira im Programmbuch, „ergeben sich vor allem zwischen Busoni und Rihm ideelle Verwandtschaftsverhältnisse“: „Da hört man zum einen in Peter Paul Kainraths Dokumentarfilm ‚Ferruccio Busoni – Spiegelbilder’ (1999) die Erinnerungen Kurt Weills, damals Schüler Busonis, der eine Sentenz seines Lehrers wiedergibt: ‚Kein Takt darf hinaus, der nicht der unerbittlichsten Selbstkritik standhält.’ Und man sieht in ‚Wolfgang Rihm – Komponist’ (1992) von Klaus Voswinckel den damals gerade vierzigjährigen, aber schon annähernd auf der Höhe seines Ruhms stehenden Rihm, wie er – Pfeife rauchend und mit Beethoven-Mähne – am Klavier sitzt, nach den Tönen und Klangereignissen greift, Notenpapier beschreibt und entschieden wieder durchstreicht.“ Mit „feiner Ironie“ sage Wolfang Rihm im Film: „Ich trage viel Schwerkraft in mir. „Deshalb muss ich immer sehr viel Kraft aufwenden.“
Um Schwerkraft, Erwartungen und Tradition gehe es, so Janis El-Bira, auch zu Beginn von „Saudade – Rendevous in Brasilien“, dem „filmisch vielleicht ambitioniertesten unter den drei Dokumentarfilmen“ des Programms. „Ich war kein Wunderkind wie Mozart“, hört man da den heute kaum mehr bekannten Salzburger Komponisten und Haydn-Schüler Sigismund von Neukomm sich erinnern. Doch diesem Bekenntnis folgt sogleich die allem Faustischen eine Absage erteilende Einsicht: „Doch muss, wer schwingt, immer gleich mit den Adlern schwingen?“ Neukomms Grenzen seien nicht die seines Geistes, sondern jene eines rastlos Reisenden und Neugierigen gewesen, der sich beengt fühlte, sobald er mehr als ein paar Jahre am selben Ort weilte. „Ulrike Halmschlagers Film folgt ihm also von Salzburg nach Sankt Petersburg, Paris und schließlich nach Rio de Janeiro, wo er am Hof des portugiesischen Königs Peter I. die Bekanntschaft von dessen Gemahlin macht: Leopoldine von Österreich, die ihre brasilianische Wahlheimat innig liebte. Halmschlagers Film verfolgt die Spuren dieses fernwehtrunkenen Paares, das nie eines war.“