Fiesta Mexicana
KULTURVEREINIGUNG / ORQUESTA SINFÓNICA NACIONAL DE MÉXICO
10/11/16 Zum zweiten Mal bereist Mexikos Nationalorchester Europa: Die Tournee unter Chefdirigent Carlos Miguel Prieto startet diesmal mit einem dreitägigen Salzburg-Gastspiel im Großen Festspielhaus. Der Trompeter Pacho Flores war umjubelter Star des ersten Abends.
Von Horst Reischenböck
US-Bürger bezeichnen sich gern allein als Amerikaner. Dabei ist ihr Staat nur ein Bruchteil des zwei gegliederten Kontinents, dessen kraftvoll musikalischer „Output“ eigentlich weit mehr im südlichen Teil des Kontinents fußt. In diesem Sinn beschert auch das Orquesta Sinfónica aus Mexico-City, seit 1947 „Nacional“, derzeit mit Großaufgebot an Ausführenden unterschiedliche „Conciertos Latinos“. Nicht ausschließlich mit Fokus auf Komponisten seines Landes: Da gäbe es etwa Arturo Márquez oder Javier Álvarez zu entdecken. Oder man könnte an den Celibidache-Schüler Sergio Cárdenas erinnern, der am Mozarteum studierte und das damalige Hochschulorchester leitete. Bis 1984 stand er Mexikos Nationalem Symphonie-Orchester als Dirigent vor, danach wechselte er zur Filarmónica del Bajio ins südliche Querétaro.
Das Konzert am Mittwoch (9.11.) war publikumswirksam mehrheitlich „Altmeistern“ gewidmet. Gleich zu Beginn elektrisierend mit José Pablo Moncavos „Huapango“ – ein Titel, für den es mehrere Deutungen gibt. Darin mag sich Fandango verbergen, als Kombination auch die Region Huasteca in Ost-Zentral-Mexiko mit Pango, alternativer Name vom Fluss Pánuco, oder populäre Liedformen wie „huapango jarocha“ oder „huapango ranchero“. In diesem mit Abstand bekanntesten Orchesterwerk Mexikos verband Moncavo genial die Melodien von „El Siquisiri“, „El Balajú“ und „El Gavilancito“ zu überwältigend rauschendem Klangfresko einer inoffiziell Landeshymne. Eine rechte Einstimmung, im Mittelteil mit subtilen Gitarre-Anklängen der Harfe und endlich perfekt ausgespieltem Duell von Trompete und Posaune.
Die Trompete stand auch danach im Zentrum. Gleich ihrer drei unterschiedliche an Lippen des aus dem „Sistema“ herausgewachsen, längst international reputierten Solisten Pancho Flores. Seinem stupenden Können verlangt Efrain Oscher in dem ihm maßgeschneiderten Konzert „Mestizo“ alles ab: strahlenden Glanz schmetternder Spitzentöne und verinnerlicht gedämpfte Lyrismen. Derart exzellent ausgespielt, ist das Kraftfutter zum Zurschaustellen technischen Könnens. Vor allem aber berührend in jenen Momenten, wenn Flores zum Flügelhorn greift. Wie auch danach butterweich vom Ansatz her in gleich zwei offiziell ins Programm eingebauten Zugaben: passend zur Witterung „Invierno porteňo“, der Winter aus des Argentiniers Astor Piazzollas berühmtem Jahreszeiten-Zyklus und dessen „Oblivion“. Allerdings in gekürzter Version und einem eher merkwürdig fast zu süffigen Arrangement. Das hat man vom Ausdruck her in Salzburg ganz anders in Erinnerung.
Nach der Pause galt der Einsatz vorerst dem einstigen Orchestergründer Carlos Chávez mit dessen kompakter „Sinfonia India“, der Nr. 2 eines insgesamt halben Dutzends symphonischer Werke. Schon hier gab es Gelegenheit, Südamerikas tönendem Beitrag zur Schlagzeug-Batterie zu erleben, den der engagierte Dirigent Carlos Miguel Prieto kurz erläuterte. Nicht weniger als zwölf Schlagwerker ließen danach die differenzierten Rhythmen der Suite aus „La Noche de los Mayas“ von Chávez Schüler und Silvestre Revueltas pulsieren. Begeisternd, animierend setzte dem das Orquesta Sinfónica Nacional noch eins drauf: „ļ Eviva Mexico!“