Alle zum ersten Mal bei der Kulturvereinigung
KULTURTAGE / ORCHESTRA DELLA SVIZZERA ITALIANA
20/10/16 Sie kam, spielte und siegte: die georgische ECHO-Preisträgerin Khatia Buniatishvili mit Schumanns Klavierkonzert. Beim Salzburg-Auftritt des Orchestra della Svizzera Italiana unter Markus Poschner, dem designierten Nachfolger von Dennis Russel Davies in Linz.
Von Horst Reischenböck
Lange Zeit galt das in Genf beheimatete Orchestre de la Suisse Romande unter Ernest Ansermet als Aushängeschild des eidgenössischen Musiklebens, der grandiosen Hermann Scherchen arbeitete einst in Winterthur und in letzten Jahren setzte das Zürcher Tonhalle Orchester unter David Zinman Maßstäbeit seinen Beethoven-Interpretationen. Wer aber weiß schon, dass daneben immerhin noch weitere elf Sinfonieorchester existieren?
Ein Mangel an Kenntnis, dem in diesen Tagen Chefdirigent Markus Poschner aus München abhilft. Er befand sein im Tessiner Lugano beheimatetes Orchester der italienischen Schweiz wert, sich in einer ersten Tournee über Grenzen hinweg einem größeren Publikum vorzustellen. Nach erstem Auftreten abends zuvor in Innsbruck und nun im Großen Festspielhaus zu urteilen, durchaus berechtigt.
Wobei allerdings vorerst die Pianistin Khatia Buniatishvili dem Orchester und dem Dirigenten die Show stahl, die alle Augen und Aufmerksamkeit fesselte. Das Salzburg-Debüt der Georgierin bei den Festspielen liegt erst wenige Monate zurück. Vom ersten kraftvoll genommenen Forte-Einsatz in der, nun zum Kopfsatz des a-Moll-Konzerts op. 54 geworden, ursprünglichen Phantasie von Robert Schumann zog sie die Hörer in ihren Bann. Gleich im Anschluss daran zart kontrastiert durch die exzellenten Holzbläser, und noch verinnerlichter im anschließenden Frage-und-Antwort-Spiel, das Khatia Buniatishvili frei rhapsodisch gestaltet. Kein kämpferischer Wettstreit um Vorherrschaft, keine bloße „Begleitung“ seitens der Schweizer Gäste dahinter, sondern eine rundum beglückende Korrespondenz, an der nicht zuletzt der phänomenale Soloklarinettist erheblich Anteil hatte. Verträumt, entsprechend „graziös“ hingetupft danach der Einstieg ins Intermezzo, um dann mit vollem Schwung ins Finale zu münden. Frenetischer Beifall, nach dem Khatia Bunitatishvili bei Liszt dem Steinway geradezu überbordend hämmernde Virtuosität abtrotzte, um nachfolgend noch mit Chopin ihre Bandbreite an butterweich verinnerlichter Anschlagkultur zu demonstrieren.
Nach der Pause machte das Orchestra della Svizzera ItaIiana hörbar, dass für Ludwig van Beethovens „Eroica“ vier Kontrabässe absolut ausreichen. Immerhin waren 1804 an der Uraufführung der Sinfonie in Es op. 55 im Wiener Palais Lobkowitz auch nur 28 (!) Ausführende beteiligt. Allerdings auch nicht zweitausend Zuhörer zugegen … Markus Poschner, einst Assistent bei Sir Roger Norrington, befolgt wie dieser und manch andere Kollegen Beethovens Metronom-Angaben. Die sind aber für ihn nicht sakrosankt: Schon im fordernden Allegro con brio atmeten Kantilenen retundierend aus. Dann wurde festen Schritts die Trauer über des Helden Tod begangen, dem im Maggiore-Teil ein erstes Mal auch beide Naturtrompeten strahlenden Glanz darüber stülpten. Exzellent geblasen die drei Jagdhörner dann im Trio des Scherzos, und dann ging es unter Poschners animierender Diktion schwungvoll in den Variationensatz. Die erste Veränderung des Themas sogar nur im Alleingang von Konzertmeister, 2. Geiger und Cellist ausgeführt.
Schweizer Orchester reisen nicht gern und machen leider wenig Reklame für ihre eigenen komponierenden Landsleute. So musste denn nach dem Erfolg Gioacchino Rossini als zündender Rausschmeißer wirken: mit der Ouvertüre zu „Elisabetta, Regina d'Inghilterra“. Besser bekannt, weil danach von ihm auch für den „Barbier von Sevilla“ benützt.