Musikalische Pracht-Stücke frisch poliert
BACHGESELLSCHAFT / FESTIVAL RECREATION 20.16
21/09/16 Mit dem Festival „Recreation“ im zu Ende gehenden Jubiläumsjahr Salzburg 20.16 folgt die Salzburger Bachgesellschaft von 24. September bis 16. Oktober den Spuren von „Salzburgs verlorenen Töchtern und Söhnen“ - mit einer reizvollen Konzertreihe mit musikalischen Raritäten aufgeführt an geschichts-trächtigen Stätten in Stadt und Land Salzburg.
Von Heidemarie Klabacher
„Der Salzburger fürsterzbischöfliche Hof war seit dem Mittelalter eine erstrangige Stätte der Pflege der Künste, insbesondere auch der Musik“, sagt Albert Hartinger, der Gründer und Leiter der Salzburger Bachgesellschaft, ein Experte für die Musikgeschichte Salzburgs. „Zentrum und Kristallisationspunkt war die Salzburger Hofmusikkapelle, die 1807 mit dem gesamten Hofstaat aufgelöst wurde.“ Die Auflösung fand unter dem letzten Kapellmeister Luigi Gatti statt und fiel zeitlich mit der Flucht von Fürsterbzischof Colloredo nach Wien, 1804 und mit dem Tod von Michael Haydn, 1806 zusammen. Die napoleonischen Kriege, die Flucht des Erzbischofs, der Verlust der Eigenständigkeit, die beträchtlichen Gebietsverluste, etwa des Rupertiwinkels, und schließlich die Angliederung an Österreich, verbunden mit dem Absinken der Residenzstadt zur Provinzstadt – all das „war zunächst ein Desaster für Salzburg“.
Es dauerte Jahrzehnte bis wieder neue Strukturen des Musiklebens aufgebaut werden konnten: Die Gründung des Dommusik-Vereins und des Mozarteums 1840/41 wurden hauptsächlich vom Salzburger Bürgertum getragen.
Dazwischen, so betont Albert Hartinger, „kam es dennoch zu einer erstaunlichen musikalischen Produktivität vor allem durch den Kreis ehemaliger Schüler von Michael Haydn“. Dazu zu zählen die Komponisten Joseph Wölfl, Sigismund Neukomm, Ignaz Assmayr, Anton Diabelli oder Sebastian Oehlinger. „Allerdings mussten diese Salzburg verlassen und ihre Karriere fand in Wien bzw. im Ausland statt.“ Ihre Werke seien in Vergessenheit geraten und mussten von der Musikwissenschaft erst wieder ausfindig gemacht werden. „Wir von der Salzburger Bachgesellschaft haben es uns zur Aufgabe gesetzt, die zu Unrecht vergessenen musikalischen Schätze wieder zum Erklingen zu bringen“, betont Albert Hartinger.
Das schafft nicht einer allein – und daher ist auch das Festival „Recreation 20.16“ eine Zusammenarbeit verschiedenster Institutionen in Salzburg und darüber hinaus.
Die Bachgesellschaft kooperiert mit der Universität Mozarteum, dem Stift St. Peter, der Kulturvereinigung Schloss Goldegg, dem Mattseer Diabelli Sommer, dem Stift Michaelbeuern, dem „Musiksommer zwischen Inn und Salzach“, der Salzburger Dommusik und mit der „Dachmarke“ Salzburg 20.16. Auch die Kunsthilfe Salzburg, der Salzburger Stadtverein, der Salzburger Museumsverein und die Gesellschaft für Salzburger Landeskunde haben mitgeholfen, das vielfältige Programm an zahlreichen reizvollen Spielstätten zu realisieren. Sogar die EU leistet ihren Beitrag, denn alte Verbindungen, wie etwa zum Kloster Seeon wurden vor zweihundert Jahren getrennt. Und genau übrigens, in der Klosterkirche St. Lambert in Seeon fand Ende August bereits vorab das erste Konzert statt.
Am „Rupertitag“ Samstag (24.9.) um 10 Uhr beginnt nun die „Recreation“ mit einem Kirchenkonzert im Salzburger Dom mit der „Rupertimesse“ des letzten Salzburger Hofkapellmeisters Luigi Gatti. Es folgt tags darauf am Sonntag (25.9.) das Konzert „Kaiserliche Hofkapellmeister aus Salzburg“. Salzburger Komponisten haben immer schon Karriere gemacht, auch wenn sie dann in Vergessenheit geraten sind: „Ignaz Assmayr, 1790 in Salzburg geboren, war ein Schüler von Michael Haydn. 1815 ging er nach Wien und wurde gemeinsam mit dem befreundeten Franz Schubert Schüler von Salieri“, erzählt Albert Hartinger. „Vom Wiener Hofkapellmeister Joseph von Eybler gefördert, wurde er zu dessen Nachfolger.“ Das Konzert bringt ein Wiedersehen mit Howard Arman, der nach vielen Jahren - und seinem diesjährigen Festspiel-Dirigat - zum ersten Mal wieder in Salzburg auftreten wird, freut sich Albert Hartinger, der besonders stolz darauf ist, das im Rahmen „seiner“ Recreation uum ersten Mal wird der „Camerata-Consort“ auftreten wird: „Das ist eine Vereinigung von Mitgliedern der Camerata Salzburg auf Original-Instrumenten.“ Auf dem Programm stehen Ignaz Assmayrs „Große Festmesse Es-Dur zur 700 Jahrfeier des Schottenstiftes in Wien“, sowie Werke von Franz Schubert und Joseph von Eybler. Weitere Recreations-Termine sind etwa am 1. Oktober das Konzert „Diabelli als Komponist und Verleger“ in Mattsee oder am 15. Oktober das Konzert „Michael Haydn und seine Schüler“ in Stiftskirche und Abteisaal St. Peter.