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Über und unter dem Wasser

SCHUBERT IN GASTEIN / CAMERATA SALZBURG

18/09/14 Noch Minuten nach dem fulminanten Finale waren die Zuhörer von „Schubert in Gastein“ in der stimmungsvollen Preimskirche am Wasserfall berührt und gefesselt: Die Camerata Salzburg und der Salzburger Bachchor hatten sie in eine mystische Welt mit Geistergesängen, Wasser- und Nachtmusiken entführt.

Von Horst Reischenböck

„Natur“ lautete diesmal das unterschwellige Thema des Festivals „Schubert in Gastein“. Nicht zuletzt des Wassers - äußerlich und innerlich - wegen, an dem es schon zu Schuberts Zeiten nicht mangelte. Schuberts Freund Johann Michael Vogl zog die Heilkraft des Wassers nach Gastein. Und ohne ihn wäre Franz Schubert wohl nie zu seiner größten Reise – noch dazu ins Gebirge - aufgebrochen.

Diesmal trat die Camerata ohne Dirigenten und in reiner Streicherbesetzung in der Preimskirche auf. Auf dem Programm standen in chorischer Kammerorchester-Besetzung der aufwühlende Quartettsatz in c-Moll D 703 und das Quartett d-Moll D 810 „Der Tod und das Mädchen“ auf dem Programm. Dieses ist 1824, ein Jahr vor Schuberts Gastein-Besuch entstanden. Sechzig Jahre später hat Gustav Mahler das Quartett für Kammerorchester bearbeitet. Meist lässt Mahler die Kontrabässe den Celli folgen. Die ersten Geigen dagegen trennt er da und dort und im namensgebenden Variationensatz, der auf dem Lied „Der Tod und das Mädchen“ basiert, schreibt er gelegentlich Dämpfer vor. Den Variationensatz allein hat Mahler übrigens in Hamburg auf geführt und wurde seitens der Kritik keineswegs wohlwollend beurteilt: Man fand darin statt kammermusikalischer Intimität zu große Strenge. Das kann man von der aktuellen Wiedergabe durch die Camerata Salzburg in Gastein absolut nicht sagen. Ganz im Gegenteil! So warm, weich und sanft angeführt vom Konzertmeister Gregory Ahss, waren Mahlers Intentionen selten zu erleben.

Der Salzburger Bachchor unter Leitung von Alois Glaßner hat sich in diesem Rahmen mit vier Liedern – im wahrsten Sinn des Worts – „hingegeben“: stimmungsvoll a capella in „Die Nacht“ D 983, ein Stück das noch vor Schuberts Besuch von Michael Haydns Grab in Salzburg entstanden ist, dessen für Liebhaber erdachte Quartette ja eigentlich den Anstoß zum Männergesangswesen geliefert haben.

Für zwei weitere Lieder, „Der Gondelfahrer“ D 809 und das „Ständchen“ arrangierte Klemens Vereno den Klavierpart subtil für die Assistenz durch die Camerata Salzburg. Auch hier gab es vielfältige Bezüge – stammt der Text des von der Altistin Alice Hoffmann gesungenen „Ständchens“ doch von Worte Franz Grillparzers, der auch in Gastein zu Kur weilte… Im Schubert’schen Original hingegen, nur von den tiefen Streichern getragen, erklang der „Gesang der Geister über den Wassern“ D 714 in dem der Textdichter Johann Wolfgang von Goethes die menschliche Seele mit dem nassen Element philosophisch vergleicht.

Bei soviel Wasser darf natürlich „Die Forelle“ D 550 nicht fehlen. Der Schauspieler Max Müller brachte sie in Kontext mit Metternichs Spitzelwesen und las Schubert-Briefe wienerisch gefärbt. Es gibt selten Sänger, die rezitieren. Hier zur Matinee im Hotel Europäischer Hof ur Matinee war es genau umgekehrt: Müller war Gesangsstudent bei Walter Berry und hat im Studium auch Lieder gesungen, so wie vielleicht anno dazumal als „studierter Liebhaber“ unprätentiös, burschikos.  

Dramaturgisch nur logisch folgte dann am Nachmittag in der Eingangshalle des alten Grand Hotel de l'Europe auch noch das „Forellenquintett“ in A-Dur D 667 – ebenfalls von der Camerata Salzburg in chorischer Besetzung gespielt: bestimmt vom musikantischen Miteinander des Geigers Gregory Ahss und dem Pianisten Stefano Guarino (der sonst übrigens als Cellist agiert). In der „Schönen Müllerin“ heißt es „Vom Wasser haben wir's gelernt“: Den Zyklus steuerte der Bariton Florian Boesch bei, während der „Rauschende Strom“ im „Aufenthalt“ aus dem „Schwanengesang“ D 957 von Athanasia Zöhrer spät-nächtens im Kraftwerk beschworen wurde.

 

 

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