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Vom Glasermeister zum Hutmacher

HINTERGRUND / WERK:STADT SALZBURG

24/04/12 Klar, der „Knöpferlmayer“ und das Handschuhgeschäft Sperl auf dem Rathausplatz kommen einem gleich in den Sinn, wenn es um alte Gewerbetreibende in der Altstadt geht. Aber schauen Sie doch gegenüber die Säule bei der Eingangstür zu „Tea & Co“ an: Ein Widder, ein Kalb, ein Schwein sind da eingemeißelt. Tatsächlich war hier bis in den Zweiten Weltkrieg hinein ein Fleischhauer tätig.

Von Reinhard Kriechbaum

Handel und altes Handwerk haben in der Stadt – man möchte sagen: auf Schritt und Tritt – Spuren hinterlassen. Diese Idee hat man bei der Salzburger Wirtschaftskammer aufgegriffen und einen Stadtführer der besonderen Art initiiert: „Werk:stadt Salzburg“ ist eine Ringmappe mit bisher vier Heftchen. Ein jedes beschreibt eine Route, drei in der Altstadt, eines in der Neustadt (Platzl, Linzergasse, Bergstraße). Es wird weitergehen, man wird die Mappe nach und nach ergänzen können. Und sogar eine Erweiterung auf die Bezirke sei angedacht, sagen die Herausgeber.

Warum hängen im Schatz-Durchhaus in der Getreidegasse eine Walrippe und ein getrockneter Hai? Der ehemalige Besitzer war Kolonialwarenhandel. Die Getreidegasse ist berühmt für ihre Hauszeichen. Die passen mal besser, mal schlechter. Wo jetzt Zara seine Niederlassung hat, war auch früher ein Schneider, daher die schmiedeeiserne Schere. Wie aber kommt der Hutmacher Aschauer zu einer Rosette aus buntem Glas? Tatsächlich ging man früher im Haus Getreidegasse 39 dem Glaserhandwerk nach.

„Kugelbräu“ hieß eine Ausschank in der Judengasse (Hausnummer 3). Über Jahrzehnte arbeitete hinter der raren Jugendstilfassade der Tapezierer Pflanzelter. Demnächst soll dort wieder ein Gasthaus eröffnen, mit gutbürgerlicher Küche, heißt es. Was mag es mit der Skulptur eines Schmiedes zwei Häuser weiter auf sich haben? Darüber schweigt sich das Heftchen aus, ebenfalls über die Marmortafel mit den Schneidersymbolen noch mal zwei Häuser weiter in der Judengasse.

Der Erzengel Michael, der einen Teufel niedertritt, ist eine motivisch nahe liegende Skulptur am ehemaligen „Höllbräu“, das im Mittelalter Synagoge war. Wie kommt aber die riesige Goldkrone ins schmiedeeiserne Hauszeichen? Darüber rätseln Historiker. Mit einer Thorakrone hat es wohl nichts zu tun. Das Höllbräu heißt jetzt, politisch korrekt in alle Richtungen „Hotel Altstadt“. Trotz Krone, Hauseingang mit Teufelsfratze und Erzengel am Hauseck.

Wo haben die Autoren der Broschüren, Gerda und Oskar Dohle, ihre Weisheit her? Unbezahlbare Vorarbeit hat der 2009 verstorbene Wachszieher Kurt Weinkamer geleistet, ein unermüdlicher Erforscher der Stadt und ihrer Wirtschaftsgeschichte. Das von ihm Erkundete sei in hohem Maß verlässlich, bestätigt die Historikerin Gerda Dohle. Innerhalb der Wirtschaftskammer ist die Triendl-Stiftung (so benannt nach dem ersten Salzburger Wirtschaftskammer-Präsidenten) für das Projekt „Werk:stadt Salzburg“ verantwortlich. 20.000 Euro habe man investiert, sagt Helmut Eymannsberger. Da eingeschlossen sei schon der Druck eines fünften Heftchens, das aus der Ringmappe genommen, wie die anderen vier in die Sakkotasche passt, also sehr handlich ist.

Man will vor allem Salzburger ansprechen, die Stadtführer sind auch eingebunden. Dem lokalhistorischen Wissenszugewinn beim Spazierengehen steht also nichts mehr im Weg. Auffallend: Vielerorts sind die Branchen durch die Zeitläufte gleich geblieben. „Gelernter Standort“ sagen die Wirtschaftsleute dazu. Die Kunden haben also gelernt, dass man hier eine spezielle Dienstleistung, bestimmte Waren bekommt. Historiker reden von „Gerechtsame“, und das bedeutete: Die Gewerbekonzession lag nicht am Menschen, sondern am Haus. Es war ja auch üblich, dass eine Meisters-Witwe einen geeigneten Nachfolger geheiratet hat. Und – so  Erich Marx vom Salzburg Museum: „Der Geselle hat manchmal sogar den Namen der Frau angenommen, wenn er die Witwe des Meisters heiratete.“

Wenig auffallend im Trubel der Busstation, aber doch ein riesiges Marmor-Wappen aus der Zeit des Erzbischofs Wolf-Dietrich am Haus Griesgasse 19. „Macellum Civitatis“ verkündet es. Dort war also die bürgerliche Fleischhalle. Jetzt ist ein Billa drin. Nach wie vor also kann man dort was zum Essen holen.

Die Ringmappe mit den ersten vier Heftchen ist bei der Wirtschaftskammer Salzburg, Julius-Raab-Platz 1, erhältlich. Bei Selbstabholung kostet sie bis Mitte Mai 15 Euro, danach 16 Euro, bei Zusendung jeweils einen Euro mehr. Bestellungen: Tel. 8888-343,  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Bilder: Werk:Statt Salzburg/Landesarchiv  

 

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