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Eine vorhersehbare, unnötige G'schicht

GASTKOMMENTAR

Von Wolfgang Danzmayr

06/06/13 Alle, wirklich alle mit dem Kunstbetrieb rund um die Salzburger Festspiele vertrauten, zu einer vertieften Reflexion fähigen Künstler und Journalisten, die Alexander Pereiras Weg vom Wiener Konzerthauschef bis zum Züricher Opernchef stetig beobachtet haben, wussten im Vorhinein, auf was sich Salzburg mit seiner Bestellung einlassen würde. Dies sowohl in Bezug auf die Kommerzialisierung des Programmangebots als auch auf budgetäre Turbulenzen, und das wiederum trotz seines offenbar großen Geschicks, Sponsoren zu überreden/überzeugen (das ist ja auch der Hauptgrund für seine Scala-Bestellung). Im übrigen muss dieses Geschick keineswegs bedeuten, dass der Haushalt dann nach Jahren – siehe Zürich – auch wirklich ein ausgeglichener sein wird...

Was mich dennoch überrascht hat, war die Tatsache, wie rasch Pereiras Poker-Manierismen zu Tage traten. Pereira hat – Spieler, der er ist – sich mit dieser seiner Fehleinschätzung der Salzburger Verhältnisse selbst von Salzburg weg katapultiert, und wir sollten mehr als froh darüber sein. Das Festspielkuratorium (insbesondere Heinz Schaden) hat zwar zu spät, dann aber gerade noch rechtzeitig dem Selbstdarsteller die Rute ins Fenster gestellt. Pereiras Umgang mit Budgets ist das eine. Das aber noch viel Gewichtigere, sein Kunstsinn, ist dem Kuratorium offensichtlich noch gar nicht wirklich Hauptthema gewesen: Pereira hat uns bereits mit seinem ersten Programm schnurstracks zurück befördert in ein Karajan'sches Kunstverständnis, freilich ohne einen Charismatiker wie diesen.

Wie soll es in Salzburg nun weitergehen?

Da gibt es zunächst die Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Als Geschäftsfrau mit großem Enthusiasmus für alles Künstlerische hat sie es über die Jahre nicht nur geschafft, einen Sponsor nach dem anderen für die Sache zu begeistern. Mit phänomenalen kommunikativen und zugleich auch immer loyalen Salti hat sie zwischen Antipoden wie Mortier und Landesmann vermittelt, einen medienscheuen Ruzicka durch öffentliche Präsenz zu ersetzen versucht, einen Flimm mit seinen Allüren ertragen. Schließlich hat(te) sie mit Hinterhäuser und Oberender, inzwischen auch Bechtolf, künstlerische Manager an ihrer Seite, die immerhin in erster Linie ans Programm und nicht nur an sich selbst dachten und denken.

Doch Rabl-Stadlers Vertrag als stetig in diesen Aufgabenbereich beachtenswert hineingewachsene Festspielpräsidentin endet mit 2014. Das Erste, was ich an Stelle aller Verantwortlichen machen würde, wäre, Rabl-Stadlers Präsidentinnenstatus sofort zu verlängern. Sie steht für Stabilität samt Flexibilität; beides hat sie nun schon mehrmals bewiesen. Freilich sollten ihr keinesfalls irgendwelche künstlerischen Agenda aufgebürdet werden. Das ist, bei all ihren sonstigen Fähigkeiten, nicht ihr Metier.

Das Nächste wäre, mit Markus Hinterhäuser Kontakt aufzunehmen, ob und in wie weit seine Aufgaben bei den Wiener Festwochen mit denen Salzburgs vereinbar wären bzw. ihn eindringlich zu befragen, ob ihn die Salzburger Festspiele vielleicht doch (noch) eher reizen würden als Wien, wenn er denn aus seinen bestehenden Wiener Vertragsverpflichtungen überhaupt herausgelassen wird. Danach stünde er selbstverständlich exklusiv zur Verfügung.

Für eine etwaige Intendanz Hinterhäusers müsste aber zusätzlich zum Schauspielchef auch ein Opernchef hinzugefügt werden. Denn Hinterhäusers „Manko“ (sehr wahrscheinlich einer der Gründe, ihn nicht längerfristig zum Intendanten zu machen) sind seine (noch?) nicht so ausgefuchsten Erfahrungen mit dem Opernbetrieb, wie man sie eben von einem Intendanten der Salzburger Festspiele erwarten muss. Noch mehr Gewicht hat aber die Annahme, dass Hinterhäuser seinen Wiener Vertrag bis 2016 zu erfüllen und gleichzeitig die gerade noch rechtzeitige Planung kommender Festspiele in Angriff zu nehmen haben würde. Das geht nicht im Alleingang.

Nach einiger Zeit (je nach Vertragsperiode des Opernchefs) könnte jedoch ein Opernchef auch wieder ausgesetzt werden. Bechtolf kann es meiner Meinung nicht sein. Nur, weil er auch Opern zu inszenieren imstande ist, ist er noch lange kein Impresario.

Aber: Warum sollte ein Intendant nicht jeweils einen Fachmann für die einzelnen Sparten zur Seite haben? Für ein künstlerisches Großunternehmen, wie es die Salzburger Festspiele sind, sollte ein alternatives Konstrukt jedenfalls keine finanzielle Frage sein.

Dass ein so großer Betrieb auch (wieder) einen Generalsekretär, zumindest aber einen eigenen Kaufmännischen Leiter haben müsste, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Hinsichtlich einer effektiven Organisationsstruktur darf und muss man über Finanzen reden. Auf gesteigerte Einnahmen durch aus einem falschen Wachstum hochgeputschte Kartenerlöse sollte man in Hinkunft verzichten. Schon gar, wenn künstlerische Leitlinien und Inhalte daneben zur Nebensache zu verkommen drohen.

Was jedoch tun, wenn die in Frage kommenden Personen nicht zur Verfügung stehen? Prekär ist der Zeitfaktor. Es ist jetzt nicht möglich, ein weites Feld an möglichen Intendanten für Salzburg zu beackern. Programmatische Vorplanungen brauchen Jahre. Da hat Pereira nämlich völlig recht, wenn er mit den für solch ein Festival sehr großen Vorlaufzeiten argumentiert!

Wenn es sich also spießen sollte – und das wird es aller Voraussicht nach! – würde ich sehr dafür plädieren, so bald wie nur möglich ein Gremium aus mit der internationalen Szene bestens vertrauten Personen verschiedener Fachbereiche (insbesondere Kunst-Manager und Journalisten) für ein entsprechendes brain-storming einzuberufen.

Wolfgang Danzmayr war von 1979-2009 Musik-/Kulturchef des ORF-Salzburg.

 

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