Die Freude am Ohrwurm
OVAL / SABINA HANK, BENJAMIN SCHMID
18/04/16 Ein Jazz Venture mit Sabina Hank und Benjamin Schmid im ausverkauften Oval. Die gediegene Jazzkünstlerin und der gefeierte Geiger – ein Projekt ohne Risiko, klug geplant und vom Fanpublikum erwartungsgemäß mit viel Jubel aufgenommen. Ein angenehmer Abend.
Von Christiane Keckeis
Mit „My fair Lady“ beginnt der Abend und am Ende steht Bekanntes aus „Sound of music“, klassisch sozusagen, dem Publikum durchaus angemessen. Und trotzdem: oft ausreichend verfremdet, um nicht ganz bequem zu sein, um nicht ganz in der Wiedererkennungsseligkeit zu versinken.
Die Arrangements von Sabina Hank sind gut. Nicht umsonst bescheinigt ihr Partner Benjamin Schmid überschwänglich, sie sei „eine der großartigsten Komponistinnen und Arrangeurinnen“. Hanks Musik ist das Konzert gewidmet – und es zeigt die Bandbreite der Jazzkünstlerin. Der Mix bewegt sich zwischen nahezu durchkomponierten Instrumentals und deutschen Songs, deren Texte teilweise dem Schlager in ihrer Banalität recht nah kommen, wiewohl sie sich musikalisch deutlich qualitätsvoller erweisen. Man hört Sabina Hank gern zu, wenn sie singt: die Stimme offen und weich, mit ruhiger Gelassenheit, verführerisch und ohne besondere Aufregung. Da darf man sich getrost fallen lassen.
Spannend wird es, wo Platz für die Instrumentalisten bleibt, wo Improvisation etwas spontanes Gefühl in die Professionalität bringt, wo man die Persönlichkeiten zu spüren beginnt. Die anfängliche Steifheit verliert sich bei „Dans Schwede dans“, da kommt Freude auf, eine Spur Übermut, die sich im Schlagzeugsolo von Christian Lettner Bahn bricht. Stupende Bass-Soli am Kontrabass lassen die Qualitäten von Christian Wendt funkeln, die ansonsten im Hintergrund für erfreulichen Drive sorgen.
Der Fokus liegt freilich auf Benjamin Schmid, der sich erst freispielen muss, kein Wunder, imaginiert er doch Saxophon, Trompete, E-Gitarre, Bassflöte, Akkodeon gar: Unglaublich wie er, unterstützt von der Technik, mit Farben und Stilen spielt, auf Vibrato und Geigenglanz verzichtend. Da schaut man doch gelegentlich erstaunt, wenn die vom Hören erweckte Erwartung mit dem Anblick der Geige konfrontiert wird.
Im Duo von Hank und Schmid, einer Fantasie über „Caravan“, Auftragswerk des Geigers an die Komponistin, kommt Schmid mit seinem Gestaltungsreichtum zum Zug, virtuos, spielerisch, streng, mit Ausdruckswillen. Wenn Schmid in die Improvisation einsteigt, wenn sich die Konzentration auf die Noten löst, entsteht (endlich) Intensität und es geschieht, was von Benjamin Schmid erwartet wird: Er fesselt das Publikum.
Schließlich tritt Sabina Hank zum Beweis an, dass Hammersteins „Sound of music“-Songs einen „wahren Schatz“ bedeuten, dass „Edelweiß“ auch (fast) nicht kitschiger sein muss als andere Standards – und dass frau aus nahezu allem klug und mit kompositorischer Kreativität etwas macht, dem man zwischen Jazz, Soul und Pop gerne lauscht. Und was summt man, ohrwurmgeplagt, wenn man das Oval verlässt: „These are a few of my favourite things.“
Bild: www.sabinahank.com / Joyce Rohrmoser