Heiter im Krieg und nach dem Krieg
MOZARTEUMORCHESTER / HANS GRAF
18/12/15 Ob der krankheitsbedingten Absage von Gastdirigent Constantinos Carydis ist kurzfristig Hans Graf zum letzten Konzertauftritt des Mozarteumorchesters vor Weihnachten eingesprungen.
Von Horst Reischenböck
Wohl um das grauenvolle Geschehen um sich herum zu negieren, näherte sich Richard Strauss in „Capriccio“ der schon von Mozarts Zeitgenossen Antonio Salieri in „Prima la musica poi le parole“ aufgeworfen, strittigen Frage um die Vorherrschaft von Musik oder Wort in einer Oper. Strauss versah die Oper mit einer Streicher-Einleitung in Sextett-Besetzung. Zum Auftakt der Programmfolge führte Konzertmeister Markus Tomasi ein Grüppchen entsprechend solistisch versierter Mitglieder des Mozarteumorchesters an – ein un gewohnt kammermusikalischer Einstieg in den Donnerstagabend (17.12.) im Großen Saal des Mozarteums.
Gleicher Geist, eine lichtvoll glänzende Aura eignen auch dem Oboen-Konzert in D-Dur AV 144. Vielleicht wollte Richard Strauss auch damit depressive Gedanken nach Ende des 2. Weltkriegs abschütteln. Das Werk ist „für kleines Orchester“ gesetzt, Strauss verzichtete auf Trompeten, tiefes Blech und Schlagwerk. Es ist mitnichten eine „Handgelenksübung“ (wie Strauss mach andere Stücke der Spätzeit bezeichnete), auch keine altersweise „Sünde“ à la Rossini. Wiewohl geistvoll in der Erfindung, mutet das Werk heute – wie wohl auch schon zum Zeitpunkt des Entstehens – eigentlich merkwürdig an. Es führt mit wohlig spätromantischen Horn-Klängen im Andante in einen letztlich geradezu anachronistischen Walzer. Vom Beginn an ist der Oboenpart mit nicht gering zu schätzenden Aufgaben gespickt, verlangt nach virtuosem wie kantablem Können. Sasha Calin, seit fünf Jahren im Mozarteumorchester tätig, ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, um sich einmal vorne an der Rampe zu präsentieren. Mit schier endlosem Atem (wann und woher nimmt sie bloß die Luft her?) und traumwandlerischer Sicherheit. Sie durfte sich wohl eingebettet fühlen in die kollegiale Begleitung, das Orchester war von Hans Graf aufmerksam angeleitet.
Just an Beethovens 245. Geburtstag erklang die „Siebente“. In gewisser Weise ist auch die Symphonie Nr. 7 in A-Dur op. 92 ein Kriegsprodukt, als Ausdruck des Triumphs über Napoleons verlorene Schlacht bei Victoria, mehrheitlich von positiver Stimmung durchpulst. Hans Graf stieg mit den ihm willig ergebenen Instrumentalisten gleich in Beethovens längste Einleitung eines Kopfsatzes ein, mit einer Spannung, der nur der Pauker ein wenig Aufmerksamkeit schuldig beib. Der Moll-getönte zweite Satz – eigentlich die Verweigerung eines wirklich langsamen Satzes – bot den allesamt prächtig aufspielenden Holzbläsern Gelegenheit, sich im Wechsel mit zartem Streicher-Fugato zu profilieren. Danach trieb Hans Graf das Mozarteumorchester förmlich in den pulsierenden Rhythmus des Prestos hinein und türmte das Finale bravourös mit den ventillosen Trompeten zu strahlend bekrönendem Schluss auf. Da fehlte es nicht an Begeisterung auf Zuhörerseite.