Die Geschichte vom Soldaten
ARGEKULTUR / BLANK MANUSKRIPT
01/06/15 Was wäre, wenn Pink Floyd in Salzburg ein Konzert geben würde, Klaus Nomi für die Bühnenshow verantwortlich wäre und dieses Gesamtkonzept doch ganz eigen wäre? Vielleicht würde dann etwas ähnlich Spannendes wie das Release-Konzert von Blank Manuskript in der ARGEKultur rauskommen!
Von Sascha-Alexander Todtner
Die Bühne voller unzähliger weißer Windräder im Hintergrund (von Lena Kalt entworfen) – schön angeordnet, laut- und bewegungslos: So empfängt der Saal der ARGE die Besucher zum Release-Konzert des neuen Albums „The Waiting Soldier“ der Salzburger ArtRock oder Progressive Rock-Band Blank Manuskript.
Hintergrundgeräusche wie Wind, bevor im militärischen Gleichschritt Silhouetten auf der Bühne auftauchen und im Gleichschritt auf dem Platz salutierend eine weitere akustische Ebene zu Windrauschen hinzufügen. Die Windräder im Hintergrund drehen sich nun. Langsam verklingt nacheinander das dumpfe Stampfen der Stiefel zugunsten der Instrumente. Das nennt man einen effektvollen Auftritt.
Es folgt ein ca. 45 Minuten langes Konzert, welches man auch als halbszenisches Musiktheater beschreiben könnte. Die in Relation gesehen doch sehr langen Stücke folgend aufeinander durch beinahe pausenlose Übergänge – nur einmal wird der Flow vom Publikum durch Applaus unterbrochen.
Musiktheater? Ja, Musiktheater – denn hinter dem Konzert und dem Album steht ein Konzept, wie es im Progressive Rock schon fast der Regelfall ist. „The Waiting Soldier“ erzählt von einer Figur – eines selbsternannten Soldaten –, an der die existenziellen Fragen menschlichen Daseins von Blank Manuskript musikalisch und textlich behandelt werden.
Aber nicht nur akustisch setzt sich die Salzburger Formation damit auseinander, sondern auch auf einer visuellen Ebene: die Kostüme (Linda Hofmann) wirken auf den ersten Blick wie Soldatenuniformen. Und dann folgt der zweite Blick – die schirmenden Abzeichen geben sich als flachgedrückte Küchenutensilien zu Erkennen, der Soldatenhelm als Gugelhupfbackform, den Uniformjacken fehlt eine Hälfte. Absurd und gleichzeitig doch sehr stark wirkt diese Visualisierung der musikalischen Ebene. Und Blank Manuskript wird dadurch zu visuellen Geschichtenerzähler, die geschickt die verschiedenen Sinnesebenen bedienen.
Abseits des Mainstream und manchmal vielleicht etwas zu laut entführen die Art-Rocker den restlos gefüllten Saal der ARGE auf eine Reise in das Reich der Musik. Blank Manuskript wird häufig mit den Attributen „episch“, „symphonisch“ oder „mystisch“ beschrieben und die eindrucksvolle Lichtregie (Robert Herbe) unterstreicht den Charakter dieser Musik. Manche der komplexen Arrangements könnten von Kritikern als „verkopft“ bezeichnet werden, aber gerade der Live-Auftritt am Freitag (29.5.) in der ARGE sollte diese Stimmen verstummen lassen. Wenige Bands treten mit einem derartigen Enthusiasmus auf und können diesen auf das Publikum fast eins zu eins übertragen, so dass die Zuhörer im bestuhlten Saal auf den Sitzplätzen zu tanzen beginnen.
Eindrucksvoll – für alle Sinne, so könnte man das Konzert beschreiben, das Peter Baxrainer (E-Gitarre, Akustische Gitarre), Georg Dürnberger (Gesang), Cecilio Perera (Klassische Gitarre, E-Gitarre), David Saudek (Horn, Trompete, Keyboards, Gesang), Manuel Schönegger (Posaune, Saxophon, Querflöte), Jakob Sigl (Schlagzeug, Gesang), Dominik Wallner (Klavier, Orgel, Synthesizer, Gesang) und Alfons Wohlmuth (Bass, Gesang) zusammen mit Gästen bestritten.
Hier muss vor allem der Gesang der kleinen Nora Sigl sowie die musikdramatische Darstellung des wartenden Soldaten durch Salzburger Lokalkolorit Renato Unterberg hervorgehoben werden, die jeder in seiner Rolle vollkommen überzeugten.
Nach zwei weiteren Zugaben und damit knapp 1 Stunde 45 Minuten Konzert wurde das Salzburger Publikum mit einem einzigen Wehmutstropfen in die laue Sommernacht entlassen: Die CDs des neuen Albums waren noch nicht geliefert und konnten deshalb nicht am Merchandise-Stand erworben werden. Trotzdem: Blank Manuskripts „The Waiting Soldier“ ist ein Gesamtkunstwerk der Extraklasse!
Bild: www.blankmanuskript.at